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Letter from Munich – 003

Letter from Munich – the Joseph Affair – 3

Eine deutsche Fassung, so gut wie der amerikanische Autor sie machen kann, steht weiter unten.

Dear Mr. Graf, dear friends,

Erich was triumphant. (Erich is a composite of a number of people, who have all expressed similar ideas about this affair.) “So, you see?” he said. “The Dresden district attorney announced this week – as we all knew he would – that Joseph’s death was not due to drowning after all. He died of heart failure, a common condition among six-year olds.”

“Well, then,” I replied. “All of these conspiracy theories about Kurt Biedenkopf (the Prime Minister of Saxony, where the boy died) must be absolutely groundless. And that’s good to know. Biedenkopf seems like such a nice man, anyway.”

“Wait a minute,” said Annette (also a composite figure), “according to the district attorney, there was no water in the boyt’s lungs and none in the stomach. He spoke as if another autopsy had been done, but he was just repeating what was reported when Joseph died in 1997. There has been no autopsy done recently, has there? And there is some dispute as to whether the supposed heart muscle was actually taken from Joseph’s body. All of Joseph’s inner organs, according to one physician present at the original autopsy, were destroyed after the autopsy was completed.”

Annette paused. Erich looked as if he would explode, but before he could say anything, Annette went on quietly, “And if there had been no water in the lungs or stomach, then why was Joseph found at the bottom of the pool? Or even if he had simply died and had remained floating on the surface, why wasn’t his death noticed immediately and an ambulance called at once?”

Erich started to interrupt her, but she ignored him. “There are still too many things about this case that simply do not make sense. And Biedenkopf’s disproportionate anger over the whole affair, and all of the attempts at intimidation make me deeply suspicious. In Germany now, especially within the ranks of the CDU, it seems to be particularly true that “absolute power corrupts absolutely”, and not only has Biedenkopf been in power in Saxony almost since reunification, he has been all-powerful for most of that time. Germany’s Sueddeutsche Zeitung newspaper has said Biedenkopf’s absence from politics in Saxony would leave a “black hole,” because his power and the power of his party is and has been so all-encompassing.”

Erich sneered at her. “In two weeks the district attorney is going to cross-examine the parents of Joseph on charges of inciting ‘false suspicions’. I bet he cross-examines you, too. Biedenkopf has destroyed lesser people. He’ll have you for breakfast.”

Then he turned threateningly to me. “And you as well, my little American friend.”

“Erich,” I said. “I admit it. I really am no hero. Whatever the district attorney says is true, must be true. I’ve been in Germany long enough to know that even if it weren’t true, people in this country would have to act as if it were.”

Erich smiled with satisfaction.

“And again,” I went on, “I just want to say I’m sure Biedenkopf is a very nice man. It can’t be true that he has a habit of becoming enraged when things don’t go his way. Of course some people believe that behind the smile they think of as Stalinesque, there lurks a monster. Such an idea would never occur to me, though. I’m a simple, uncomplicated, and not very intelligent man. Again, whatever Kurt Biedenkopf and his district attorney say is true, must be true. They’re greater men than I am, and we all know great men, especially politicians and government officials, always speak the truth.”

Annette smiled and looked at me knowingly for a moment. Then she repeated the old rhyme:

“One fights until his final breath;

it’s over then, there’s only death.

But he who fights and runs away

will live to fight another day.”

I really had no idea whatsoever what she was talking about.

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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Since many recipients of this letter may read German more easily than they read English, the following is the author’s own translation of the above letter. Please note that word-processing programs outside of German-speaking countries may not display all of the letters of the German alphabet correctly.

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrte Freunde,

Erich hatte einen triumphierenden Blick. (Erich ist eigentlich eine Kombination mehrerer Menschen, die ähnliche Ideen über diese Affäre geäußert haben.) „Also, siehst du?“ sagte er. Der Dresdner Staatsanwalt diese Woche erklärte, wie erwartet, dass das Kind Joseph aus Sebnitz nicht ertränkt wurde. Er starb an Herzversagen. Das kommt häufig vor, wenn ein Kind sechs Jahre alt ist.“

„Na ja“, erwiderte ich, „dann müssen all diese Verschwörungstheorien über Kurt Biedenkopf jeder Grundlage entbehren. Und das ist gut zu wissen. Biedenkopf sieht wie ein sehr netter Mensch aus.“

„Einen Augenblick, bitte“, sagte Annette (auch eine Kombination mehrerer Menschen). „nach dem, was der Staatsanwalt sagt, gab es kein Wasser in den Lungen des Kindes, und kein Wasser im Magen. Er sprach, als ob noch eine Obduktion durchgeführt wurde, aber er wiederholte einfach alles, was berichtet wurde, als Joseph im Jahre 1997 starb. Keine neue Obduktion wurde durchgeführt, oder? Außerdem ist es eine sehr umstrittene Frage, ob der angebliche Herzmuskel wirklich Joseph gehörte. All die inneren Organe des Kindes, einem Arzt nach, der dabei war, wurde vernichtet, als die Obduktion fertig war“.

Annette hielt inne. Erich schaute uns an, als ob er vor Wut zerplatzen würde, aber bevor er etwas sagen konnte, fuhr Annette gelassen fort, „Und wenn es kein Wasser in den Lungen oder in dem Magen gab, dann warum wurde Joseph aus dem Grund des Schwimmbeckens gefunden? Wie war das möglich? Oder sogar wenn er einfach gestorben war, und seine Leiche sich eine Weile an der Oberfläche des Wassers treiben ließ, warum hat niemand seinen Tod sofort bemerkt? Warum wurde eine Ambulanz nicht sogleich bestellt?

Erich wollte sie unterbrechen, aber sie ignorierte ihn. „Es gibt immer noch zu viele Ungereimtheiten, wo es um diesen Fall geht. Und Biedenkopfs völlig unangemessener Zorn über dieser Affäre macht mich äußerst argwohnisch. In Deutschland heutzutage, genauer gesagt innerhalb der CDU, scheint es insbesondere wahr zu sein, ,Absolute Macht macht absolut korrupt’. Nicht nur ist Biedenkopf fast seit der Wiedervereinigung an der Macht, sondern auch ist er diese ganze Zeit fast allmächtig gewesen. Die Süddeutsche Zeitung sagte vor ein paar Tagen, dass Biedenkopfs Abwesendheit an der Spitze der Macht in Sachsen ein ,schwarzes Loch’ hinterlassen würde, weil seine Macht und die Macht seiner Partei eine so lange Zeit allumfassend sind.“

Erich höhnlächelte. „In einer oder zwei Wochen wird der Staatsanwalt Josephs Eltern verhören, in Zusammenhang mit einem Anklage wegen der Anstiftung zur falschen Verdächtigung. Wetten, dass er dich auch vernehmen wird? Biedenkopf hat rangniedrigere Menschen als dich schon vernichtet, meine liebe Annette. Biedenkopf wird – wie die Amerikaner es sagen – dich zum Frühstuck essen.“

Dann wandte er sich mir drohend zu. „Und dich auch, Kleines“.

„Erich“, sagte ich. „Ich gebe es zu. Ich bin kein Held. Wenn Kurt Biedenkopf und sein Staatsanwalt sagen, irgendetwas wahr ist, dann muss es wahr sein. Und ich bin in Deutschland eine lange Zeit, lang genug, um zu wissen, dass sogar wenn es nicht wahr wäre, die Menschen in diesem Land würden so tun müssen, als ob es stimmte.“

Erich lächelte vor Zufriedenheit und Genugtuung.

„Und noch einmal will ich sagen“, fuhr ich fort, „dass Biedenkopt ein sehr netter Mann ist. Es kann nicht wahr sein, dass er wütend wird, zum Beispiel, wenn alles nicht geht, wie er es wünscht. Natürlich gibt es Leute, die glauben, dass hinter Biedenkopfs Lächeln, das diese Leute stalinistisch finden, lauert ein Ungeheuer. So etwas aber würde mir nie einfallen. Ich bin ein einfacher, unkomplizierter, und nicht sehr intelligenter Mann. Noch einmal sage ich, wenn Kurt Biedenkopf und sein Staatsanwalt sagen, irgendetwas wahr ist, muss es wahr sein. Sie sind größere Menschen als ich, und wir wissen alle, dass große Menschen, insbesondere Politiker und Beamte, immer die Wahrheit sagen.“

Annette lächelte und sah mich einen Augenblick viel sagend an. Dann sprach sie den alten englischen Reim, den ich ins Deutsch übersetzen würde, wie folgt. Es ist nicht leicht, Versdichtung zu übersetzen, zumal da mein Deutsch so schwach ist, aber vielleicht wird es verständlich sein:

„Der eine tapfer kämpft und dann

am Ende stirbt und nicht mehr kann.

Der and’re, der sich schlägt und flieht,

ist klug, weil er noch Kämpfe sieht.“

Ich hatte wirklich überhaupt keine Ahnung, was Annette damit meinte.

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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