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Letter from Munich – 026

Letter from Munich – the Joseph Affair – 26

EINE DEUTSCHE FASSUNG STEHT WEITER UNTEN.

6 July 2001

Dear Mr. Graf, dear friends,

“‘Die Zukunft gehoert uns!’ bawls Hitler in Leni Riefenstahl’s documentary on the Nuremberg rally of 1934: ‘The future belongs to us!’ And at the Christian Democrat party conference on 1 July 2001 in Berlin, the CDU candidate for mayor of Berlin, Frank Steffel, shouted, ‘Die Zukunft gehoert uns!’: The future belongs to us!”

“I do not believe that,” said Dietrich.

“Get a videotape of Riefenstahl’s documentary, and you’ll see,” Anne-Marie replied.

“You know what I mean,” said Dietrich. “I don’t believe that any CDU politician in Germany today would be stupid enough to use a phrase like that.”

Anne-Marie reached down and slipped a cassette into the video recorder next to her chair. The opening title of the regular evening news broadcast of ARD – German state television – for 1 July 2001 appeared. She fast-forwarded to an image of Frank Steffel at a podium and then played the cassette at normal speed. Steffel’s eyes were blazing. “Die Zukunft gehoert uns,“ he was shouting excitedly. The audience cheered.

“So?” said Dietrich defensively. “What does that prove? Or do you think that Nazis are alive and well among the membership of Germany’s Christian Democrats?”

“Of course not,” said Anne-Marie slowly, patiently, “but it does show the extreme that the Christian Democrats are willing to go to, just to appeal to certain elements in the electorate.” She leaned forward in her chair and looked at us all with more than her usual intensity. “The European Union issued a report a few days ago that contained a description of the extent to which right-wing extremism and anti-Semitism has once again become a problem in Germany. The Christian Democrats of course trotted out their leading Jewish member and had him promptly reject the report, but that won’t solve the problem. It won’t solve the problem, for example, of the bizarre behavior of the authorities when confronted with this phenomenon. Last week in Germany’s highly reliable Sueddeutsche Zeitung there was a report about the district attorney of Dusseldorf who had six neo-Nazis arrested after they attacked three other Germans who looks they didn’t like – and don’t you just love it,” she added parenthetically, “the way Nazis always attack in groups? The scum are afraid to go one on one with their victims. Anyway, two of the three victims in Dusseldorf were so brutally beaten they had to be hospitalized. The third managed to run away. And what did the district attorney do? Why of course –“ and here her grim smile seemed shot through with irony and sarcasm “– of course he did what any rational district attorney in Germany would do. He released the six neo-Nazis on bail and threatened two of the victims with coercive detention. Why? Because they refused to give him the name of the third victim, who was terrified he would be attacked again by one of the six thugs now running around free.”

She removed the cassette from the video recorder as she said, “Look. Germany has a problem that it simply will not confront. Do you know what the mother of the boy Joseph said recently, the mother of the child who was killed by neo-Nazis in Sebnitz? She said she doesn’t care what the government says about her. She doesn’t care how much it tries to portray her as some crazy woman who cannot accept the death of her son. She is determined to keep fighting for justice, for the rest of her life if necessary. ‘Hardly anyone believes me,’ she said during a recent conversation, ‘when I tell them other children in eastern Germany have been killed for the same reasons my son was killed. But I would feel responsible for their deaths and the deaths of other children that might occur in the future, if I did not do everything I could to show what really happened to my son, and to bring his killers to justice.’”

There was a kind of terrible determination in Anne-Marie’s aristocratic features as she added, “Yes, the future does belong to us – not to them.”

Could be. Maybe. What do I know? Politics in Germany is a complete mystery to me. I write only what I hear.

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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Since many recipients of this letter may read German more easily than they read English, the following is the author’s own translation of the above letter. Please note that word-processing programs outside of German-speaking countries may not display all of the letters of the German alphabet correctly.

Bitte vergessen Sie nicht, dass der Autor dieses Briefes Autodidakt ist, was die deutsche Sprache betrifft, und er weiß, dass die folgende Übersetzung viele Fehler enthält. Er hofft aber, man werde diese Fehler übersehen, um hinter den Fehlern das sehen zu können, was in diesem Schreiben und in dieser Affäre von zentraler Bedeutung ist.

München, den 6. Juli 2001

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrte Freunde,

„‚Die Zukunft gehört uns!’ brüllt Hitler in Leni Riefenstahls Dokumentarfilm über den NSDAP-Parteitag im Jahr 1934 in Nürnberg. Und bei der CDU-Parteikonferenz am 1.7.2001 in Berlin, schrie auch Frank Steffel, der frisch gebackene christdemokratische Oberbürgermeisterkandidat, ‚Die Zukunft gehört uns!’“

„Das glaube ich nicht“, sagte Dietrich.

„Schaff Dir eine Videokassette des Film von Riefenstahl an. Dann wirst Du sehen“, erwiderte Anne-Marie.

„Du wießt schon, was ich meine“, sagte Dietrich. „Ich glaube nicht, dass ein CDU-Politiker heute so dumm wäre, um so einen Ausdruck zu verwenden.“

Anne-Marie streckte den Arm nach unten aus und setzte eine Kassette in den Videorekorder ein, der neben ihrem Sessel war. Am Bildschirm des Fernsehers erschien der Titel der Tagesschau vom 1.7.2001. Anne-Marie spulte das Videoband vor, bis wir das Bild von Frank Steffel hinter einem Lesepult sahen, und dann ließ sie das Band mit normalen Geschwindigkeit spielen. Steffels Augen glühten. „Die Zukunft gehört uns“, schrie er aufgeregt. Das Publikum jubelte.

„Na und?“ sagte Dietrich, als ob er sich in übertriebener Weise rechtfertigen wollte. „Wofür ist das der Beweis? Oder glaubst Du, dass die Nazis immer noch gesund und munter und Mitglieder der CDU sind?“

„Nein, natürlich nicht“, sagte Anne-Marie mit Geduld, als ob sie mit einem Kind sprach, „aber diese Aussage zeigt, dass die CDU vor nichts zurückschrecken wird, um die Stimme gewisser Wähler zu beeinflussen“. Sie beugte sich vor und schaute uns alle mit ungewöhnlicher Intensität an. „Die EU erteilte vor ein paar Tagen einen Bericht, in dem es eine Beschreibung davon gab, inwieweit der Rechtsextremismus und Antisemitismus noch einmal zu einem Problem in Deutschland wird. Dann natürlich führten die Christdemokraten ihren bekanntesten jüdischen Angehörigen vor, damit er den Bericht sofort abweisen konnte. Das Problem der Rechtsradikalen aber wird nicht so leicht gelöst werden. Eine solche Aussage seitens der CDU wird auch nicht das Problem damit lösen, dass die Behörden in Deutschland sich immer sehr seltsam benehmen, als sie sich mit dem Rechtsradikalismus konfrontiert sehen. Letzte Woche in der Süddeutschen Zeitung stand ein Bericht über den Staatsanwalt Düsseldorf, der sechs Neonazis verhaften ließ, nachdem diese drei andere Deutsche auf offener Straße angegriffen hatten, die den Neonazis bloß nicht gefielen“. Sie hielt inne. „Übrigens, ist es nicht interessant, wie die Nazis immer scharenweise angreifen? Dieser Abschaum hat Angst davor, mit anderen Menschen einzeln zu kämpfen“. Ein etwas bitteres und flüchtiges Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Auf jeden Fall“, fuhr sie fort, „wurden zwei von diesen drei Opfern aus Düsseldorf so brutal geprügelt, dass sie ins Krankenhaus mussten. Das dritte Opfer konnte entlaufen. Und was tat der Staatsanwalt? Aber natürlich –“ und hier schien ihr grimmiges Lächeln ganz ironisch und sarkastisch zu sein „– natürlich tat er das, was alle vernünftige Staatsanwälte in Deutschland tun würden. Er ließ die Neonazis gegen Kaution frei und drohte zwei von den Opfern mit Beugehaft. Und warum Beugehaft? Weil diese lehnten ab, ihm den Namen des dritten Opfers zu verraten, das Angst hatte, dass es von einem der sechs Schläger noch einmal angegriffen werden würde, die jetzt frei herumlaufen“.

Sie nahm die Kassette aus dem Videorekorder heraus und sagte uns, „Schaut mal. Deutschland hat ein Problem, mit dem es sich einfach nicht befassen will. Wisst Ihr das, was die Mutter von dem Kind Joseph mir neulich gesagt hat, die Mutter des Kindes, das in Sebnitz von Neonazis getötet wurde? Sie sagte, es sei ihr egal, was die Regierung über sie sagen mag. Es sei ihr egal, wie oft die Regierung versucht, sie als irgendeine verrückte Frau zu schildern, die den Tod ihres Kindes nicht akzeptieren kann. Sie ist fest entschlossen, um die Gerechtigkeit weiterzukämpfen, ihr ganzes Leben lang, falls nötig. ‚Vielleicht wollen nur wenige Leute mir glauben’, sagte sie neulich im Laufe eines Gespräches, ‚als ich ihnen sage, dass auch andere Kinder in Ostdeutschland aus demselben Grund getötet wurden, aus dem mein Sohn ermordet wurde. Aber ich würde mich für den Tod dieser und anderer Kinder, die zukünftig gekillt werden könnten, verantwortlich fühlen, wenn ich nicht alles unternehmen würde, um das zu beweisen, was wirklich meinem Sohn passierte, und um seine Mörder vor Gericht zu bringen.’“

Anne-Maries aristokratische Gesichtszüge erschienen irgendwie furchtbar entschlossen, als sie sagte, „Ja, man hat Recht: Die Zukunft gehört uns – aber uns und nicht ihnen“.

Kann sein. Vielleicht. Was weiß ich? Die deutsche Politik ist mir ein totales Rätsel. Ich schreibe nur das, was ich höre.

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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