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Letter from Munich – 036

Letter from Munich – the Joseph Affair – 36

EINE DEUTSCHE FASSUNG STEHT WEITER UNTEN.

14 September 2001

Dear Mr. Graf, dear friends,

After the heinous crimes committed against the people of my country and other countries this week in New York and Washington, all other problems seem relatively insignificant. And yet for any of us to halt our efforts to make the world better, no matter how small those efforts may be, would be to allow the terrorists to come closer to achieving their goals. We must all continue the struggle against crime and injustice, whether the crime and injustice result from the actions of terrorists or from the machinations of corrupt politicians and officials in German states like Saxony or even, though it is of course unlikely, in Bavaria.

Making the world better and more just will always require what John Kennedy called “a long twilight struggle.” In that spirit, these letters will continue: week after week, month after month, year after year, until I am no longer here to write them. I believe justice lies in such small, patient efforts, and not in murderous attacks against my countrymen, who are, after all, countrymen of “the whole civilized world,” whether it is the civilization of the West or the civilization of Islam.

A continuation of the letter of last week:

With these letters, as I have said, I invite reprisals from certain German politicians and officials. Reprisals are common in Germany, especially in the eastern states, when one offends politicians or officials, especially corrupt politicians or officials. The more corrupt they are, the more sensitive they become to perceived insults. On 6 September this year the German news program “Monitor” broadcast a report about the city of Cottbus and about a journalist who works there. The woman has withstood repeated intimidation and threats against her life, but she has gone on with her campaign against former officials of the Stasi, the once all-powerful East German authority that was responsible for “state security,” for spying on German citizens. These officials have formed a network and made themselves rich by providing construction contracts to their friends.

What exists in Cottbus exists in other forms in other areas of eastern Germany, such as in Saxony.

In the case that I have been discussing in these letters, the Kantelberg-Abdullas came under tremendous psychological, financial, and finally murderous pressure not only from neo-Nazis, but also from other pharmacists and from physicians in their area who are intent on maintaining a quite unusual but, for these pharmacists and physicians, lucrative system of distributing prescription medicine in Saxony, a system that the Kantelberg-Abdullas pointed out is illegal. Neither the state government in Saxony nor the federal government in Bonn agreed to act.

Instead, the government in Saxony became determined to minimize the income of the Kantelberg-Abdullas even more, and to subject them to even greater pressure of all kinds. The couple was, for example, subjected to a police search after an “anonymous informer” reported they were keeping an automatic weapon in the house. Though the police found nothing, the Kantelberg-Abdullas were made to pay the costs of the search, which the police claimed amounted to DM 500. The anonymous caller, as far as one knows, was never charged with spreading “false suspicions.”

In such a situation, one falls back on long-term considerations, such as what Dietrich Bonhoeffer once wrote in a poem: “Wir sind von guten Maechten geborgen” – We are surrounded by the security of good powers. Or one thinks of Gandhi statement of enduring hope: “There have been tyrants, and for a time they can seem invincible, but in the end they fall. Remember that. Always.”

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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Since many recipients of this letter may read German more easily than they read English, the following is the author’s own translation of the above letter. Please note that word-processing programs outside of German-speaking countries may not display all of the letters of the German alphabet correctly.

Bitte vergessen Sie nicht, dass der Autor dieses Briefes Autodidakt ist, was die deutsche Sprache betrifft, und er weiß, dass die folgende Übersetzung viele Fehler enthält. Er hofft aber, man werde diese Fehler übersehen, um hinter den Fehlern das sehen zu können, was in diesem Schreiben und in dieser Affäre von zentraler Bedeutung ist.

München, den 14. September 2001

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrte Freunde,

nach den in höchstem Maße schändlichen und verwerflichen Verbrechen, die diese Woche in New York und Washington an Menschen aus meinem Land, aus Deutschland und aus anderen Ländern verübt worden sind, scheinen alle anderen Probleme verhältnismäßig unbedeutend. Wenn wir jetzt aufhören würden, danach zu streben, die Welt zu verbessern, egal wie geringfügig dieses Streben sein mag, dann würden wir es erlauben, dass die Terroristen ihren Zielen ein bisschen näher kommen. Jeder von uns – sogar ein alter Mann wie ich – muss gegen Verbrechen und Ungerechtigkeit weiterkämpfen, ganz egal ob das Verbrechen und die Ungerechtigkeit die Folge der Handlungen von Terroristen sind, oder ob sie von den Machenschaften von korrupten Politikern und Beamten in Bundesländern wie Sachsen herrühren, oder sogar – obwohl dies natürlich unwahrscheinlich ist – in Bundesländern wie Bayern.

Um eine bessere und gerechtere Welt aufzubauen, wird die Menschheit immer das fortführen müssen, was John Kennedy „einen langen Kampf im Dämmerlicht“ nannte. In diesem Zusammenhang, fühle ich mich gezwungen zu sagen, werden diese Briefe andauern, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr, bis ich nicht mehr bin. Ich glaube, die Gerechtigkeit entsteht aus solchen kleinen, mühsamen Anstrengungen wie diesen Briefen, und nicht aus mörderischen Angriffen auf meine Landsleute, die schließlich Landsleute von Menschen überall auf „der gesamten zivilisierten Welt“ sind, um welche Zivilisation auch immer es sich handeln mag: die des Westens oder die des Islams.

Die Fortsetzung des Briefes von der letzten Woche:

Durch diese Briefe, wie schon gesagt, beschwöre ich Vergeltungsakte seitens gewisser deutscher Politiker und Beamter herauf. Das weiß ich. Vergeltungsakte sind in Deutschland häufig, besonders in den neuen Bundesländern, wenn man bei Politikern oder Beamten, vor allem bei korrupten Politikern und Beamten Anstoß erregt. Je korrupter sie sind, desto empfindlicher sind sie auf vermeintlichen Beleidigungen. Am 6. September in der Sendung „Monitor“ wurde ein Bericht über Cottbus und eine dort arbeitende Journalistin ausgestrahlt. Diese Frau muss ständige Einschüchterung und Morddrohungen ertragen, weil sie hat ihre Kampagne gegen ehemalige Stasi-Beamte, die jetzt Beamte der BDR sind, fortgesetzt. Diese alten Stasi-Männer haben ein einflussreiches Netzwerk in Cottbus geschafft und sind dadurch reich geworden, dass sie ihren Freunden, die Bauunternehmer geworden sind, lukrative Verträge besorgen.

Das, was in Cottbus passiert, passiert auf mehr als eine Art in anderen Teilen der neuen Bundesländer, wie zum Beispiel in Sachsen.

In dem Fall, den ich in diesen Briefen bespreche, standen Herr und Frau Dr. Kantelberg-Abdulla psychisch, finanziell und endlich tödlich unter Druck, nicht nur durch die Taten von Neonazis sondern auch durch die Taten von Ärzten und anderen Apotheker in ihrem Wohngebiet. Diese Ärzte und Apotheker wollen in Sachsen ein sehr ungewöhnliches aber für sie einträgliches Handelsmonopol auf verschriebene Medizin wahren. Das Verbrechen, das Herr und Frau Dr. Kantelberg-Abdulla begangen haben, war dies: sie wiesen darauf hin, dass diese Art Handelsmonopol illegal ist, aber weder die sächsische Staatsregierung noch die Bundesregierung reagierte.

Stattdessen war die Regierung in Sachsen fest entschlossen, das Einkommen der Familie weiterzusenken und sie unter Druck aller Art zu setzen. Die Polizei hat zum Beispiel ihr Haus einmal durchsucht, nachdem ein „anonymer Denunziant“ berichtete, dass die Familie in ihrem Haus ein Maschinengewehr habe. Obwohl die Polizei nichts fand, musste die Familie die Kosten der Durchsuchung zahlen, die der Polizei nach sich auf DM 500 beliefen. Der anonyme Denunziant wurde nie wegen „falscher Verdächtigungen“ beschuldigt, mindestens nicht, dass man wüsste.

Manchmal in so einer Situation, ist das Einzige, was man tun kann, nur an so etwas zu denken, wie das, was Dietrich Bonhoeffer in einem Gedicht einmal schrieb: „Wir sind von guten Mächten geborgen“. Oder an die Worte Gandhis zu denken: „Es gibt Tyrannen, und eine Weile können sie unbesiegbar scheinen, aber schließlich werden sie entmachtet. Denk daran. Immer.“

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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