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Entries 00001-00020

============================ENTRY NUMBER 00020:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

21 SEPTEMBER 2002, SATURDAY, MUNICH, GERMANY.

“In Germany, myths die hard”

From “The German Problem” by William Safire, The New York Times, 19 September 2002:

“At a meeting in the Axel Springer building in Hamburg on Aug. 27 with about 30 American friends of Germany, the (former) defense minister . . . was asked why Germany was so loudly opposed to President Bush’s campaign to oust Saddam Hussein. Rudolf Scharping reported that he had answered that very question in a Schröder cabinet meeting: it was all about the Jews. Bush was motivated to overthrow Saddam by his need to curry favor with what Scharping called ‘a powerful — perhaps overly powerful — Jewish lobby’. . . . Germany, the discredited minister said proudly to his discomfited audience, had rejected such pandering.”
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DEUTSCHE FASSUNG

21 SEPTEMBER 2002, SAMSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

„In Deutschland verschwinden die Mythen, aber langsam“

Aus dem Artikel, “The German Problem” von William Safire, The New York Times, 19 September 2002:

“Am 27. August im Axel-Springer-Gebäude im Hamburg, bei einem Treffen mit ungefähr 30 amerkanischen Freunden von Deutschland, der (ehemalige) Verteidigungsminister . . . wurde gefragt, warum Deutschland sich so sehr lautstark gegen die Kampagne wandte, die Präsident Bush führte, um Saddam Hussein zu stürzen. Rudolf Scharping berichtete, dass er bei einer Sitzung des Kabinetts von Bundeskanzler Schröder schon auf diese Frage geantwortet habe: es handele sich um die Juden. Bush fühle sich dadurch veranlasst, Saddam zu stürzen, dass Bush müsse sich bei einer Lobby einschmeicheln, die Scharping als ‚eine mächtige – vielleicht zu mächtige – jüdische Lobby’ bezeichnete. . . . Stolz sagte der in Verruf geratene Minister zu seinen verunsicherten Zuhörern, dass Deutschland es zurückgewiesen habe, einer solchen Neigung zu frönen.“
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posted by Robert John at 6:14 PM

============================ENTRY NUMBER 00019:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

20 SEPTEMBER 2002, FRIDAY, MUNICH, GERMANY.

Re: “The German malaise: ‘a barricaded society’”, by John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(5)

I said that I thought it all began with Bismarck, who seemed to think that the more benefits the state offered its citizens, the more power it would have over their lives.

“And Bismarck was right, of course,” she replied. “But the result is that you have a country where people expect everything from the state, where they give to the state no more than they are compelled to give, and where people rely very little on themselves.”

Then she added, “A lot of Germans ridicule “the situation in America,” but the American “situation” leads to a society where most people want very little from the government, but where they are ready to make great sacrifices for their country if sacrifices are necessary, and where most people want to depend on themselves and not on the government. How can Germany – or Europe – compete with such a country, with such a people, in the long run?”
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DEUTSCHE FASSUNG

20 SEPTEMBER 2002, FREITAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Betr: “The German malaise: ‘a barricaded society’”, von John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(5)

Ich sagte, dass ich denke, all das begann mit Bismarck, der zu glauben schien, je größer die Hilfe und Unterstützung seien, die die Bürger vom Staat bekamen, desto größer wäre die Macht, die der Staat haben würde, über das Leben der Bürger.

„Und natürlich hatte Bismarck Recht,“ erwiderte sie. „Die Folge aber ist, dass die heutigen Bürger alles vom Staat erwarten, dass sie zum Staat nur das beitragen, was sie beitragen müssen, und dass sie ein Gefühl der Hilflosigkeit haben, wenn sie auf sich selbst angewiesen sind.“

Dann fügte sie hinzu, „Viele Deutschen verspotten die „amerikanischen Verhältnissen“, aber diese Verhältnisse führen zu einer Gesellschaft, wo die meisten Menschen sehr wenig vom Staat empfangen wollen, wo sie aber bereit sind, große Opfer für ihr Land zu bringen, wenn Opfer notwendig sind, und wo die meisten Menschen auf sich selbst und nicht auf den Staat angewiesen sein wollen. Langfristig gesehen, wie kann Deutschland – oder Europa – mit so einem Land, mit so einem Volk, konkurrieren?“
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============================ENTRY NUMBER 00018:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

19 SEPTEMBER 2002, THURSDAY, MUNICH, GERMANY.

From “The German malaise: ‘a barricaded society’”, by John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(4)

“Throughout the (current election) campaign, the main candidates’ essential instinct often seemed to aim at providing reassurance that there would never be loss or sacrifice or threatening challenges in German life.”

A friend commented, “Vinocur’s absolutely right. The philosophy of most people here could be summed up: ‘Ask not what you can do for your country, but what your country can do for you.’ You have to wonder what sort of a future this society has, if people continue to think that way.”

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

19 SEPTEMBER 2002, DONNERSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Aus dem Artikel, “The German malaise: ‘a barricaded society’”, von John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(4)

„Während des (jetzigen Wahl)kampfes, schien es oft, als ob der instinktiver Drang der beiden wichtigsten Kandidaten dazu führte, dass sie den Wählern versichern wollten, dass es niemals Verlust oder Opfer oder bedrohliche Herauforderungen im Leben der Deutschen geben würde.“

Eine Bekannte bemerkte, „Vinocur hat völlig Recht. Die Lebensphilosophie der meisten deutschen Bürger könnte zusammengefasst werden, wie folgt: ‚Frag nicht, was du für dein Land tun kannst, sondern was dein Land für dich tun kann.’ Man muss sich fragen, was für eine Zukunft diese Gesellschaft hat, wenn die Leute fortfahren, so zu denken.“

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 6:08 PM

============================ENTRY NUMBER 00017:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

18 SEPTEMBER 2002, WEDNESDAY, MUNICH, GERMANY.

From “The German malaise: ‘a barricaded society’”, by John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(3)

“In despair, former Chancellor Helmut Schmidt described the German university and research establishment as terrified of competition and run like the German post office or national railroad. And he decried the country’s fall from setting standards in education and scientific innovation. . . .”

Personally, I think there have been some improvements in the general situation. However, a somewhat cynical acquaintance remarked recently, “There have been improvements, yes. If you compare German universities to world class universities in Britain and America, though, it’s as if they were travelling toward earth from somewhere around the orbit of Pluto. They’ve now reached Jupiter, which means they’ve come a long way, but they still have a very long way to go.”

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

18 SEPTEMBER 2002, MITTWOCH, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Aus dem Artikel, “The German malaise: ‘a barricaded society’”, von John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(3)

„Ehemaliger Bundeskanzler Helmut Schmidt, verzweifelt, bezeichnete das deutsche Universitäts- und Forschungsestablishment als eine Gruppe von Institutionen, die eine Heidenangst vor Wettbewerb haben. Die werden wie die Bundespost oder die Bundesbahn geleitet. Schmidt verwarf als inakzeptabel die Tatsache, dass Deutschland nicht mehr hohe Ansprüche an Bildung und wissenschaftliche Innovation stellte. . . .“

Ich persönlich glaube, dass die Lage sich allmählich verbessert. Ein etwas zynischer Freund aber neulich bemerkte, „Ja, man hat begonnen, Verbesserungen daran vorzunehmen, aber wenn du den gegenwärtigen Zustand der deutschen Universitäten mit dem der britischen oder amerikanischen Universitäten vergleichen, die Weltklasse sind, solltest du mal auf dem Teppich bleiben. Es ist, als ob die Führungsspitze der deutschen Universitäten auf eine Reise von dem Planeten Pluto nach der Erde wäre. Man hat eben den Jupiter erreicht. Das heißt, die Führung ist zwar auf dem besten Weg, die Lage zu verbessern, aber es könnte noch ein Weilchen dauern.“

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 6:06 PM

============================ENTRY NUMBER 00016:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

17 SEPTEMBER 2002, TUESDAY, MUNICH, GERMANY.

From “The German malaise: ‘a barricaded society’”, by John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(2)

“If this is a fair picture, then it suggests that Germany is confronted by more than a largely inflexible labor market and high wage costs. It also faces an internal cultural bias against doing anything that called for give-backs in hard times from the secure German world that provides Europe’s greatest number of vacation days for workers, vast pension and health benefits, and a state whose activities represent about half the gross national product. . . .”

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

17 SEPTEMBER 2002, DIENSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Aus dem Artikel, “The German malaise: ‘a barricaded society’”, von John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(2)

„Wenn dies ein faires Bild ist, dann deutet es darauf hin, dass Deutschland größeren Problemen gegenübersteht, als einem wenig flexiblen Arbeitsmarkt oder hohen Lohnkosten. Es steht auch einer inneren kulturellen Neigung gegenüber, die dazu führt, dass Deutschland gegen alles eingenommen ist, was verlangen würde, Opfer zu bringen, wenn das Land Schweres durchmachen muss. Dies ist besonders wahr in der jetzigen sicheren deutschen Welt, wo die Arbeiter mehr Urlaubstage haben, als Arbeiter anderswo in Europa, wo die deutschen Arbeiter eine äußerst großzügige Rente und reichliches Krankengeld empfangen dürfen, und wo der Staat über ungefähr die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes verfügt, um seine Tätigkeiten durchzuführen. . . .“

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 5:43 PM

============================ENTRY NUMBER 00015:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

16 SEPTEMBER 2002, MONDAY, MUNICH, GERMANY.

From “The German malaise: ‘a barricaded society’”, by John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(1)

“While the economy is a central issue in national elections Sept. 22, the performance rankings suggest that Germany’s most specific problems – one of the European Union’s lowest rates of economic growth, high debt and deficit, and a bottom rung in the EU for unemployment – are ultimately difficult to solve because they have their roots in a society that is uncomfortable with and resistant to change. . . .”

Vinocur could perhaps have added that anyone who suggests that change might be necessary in any German organization, or even acts as if change were necessary, will very often find himself harassed, bullied, and discriminated against, whether he’s one of the leaders of the organization or simply an ordinary member.

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

16 SEPTEMBER 2002, MONTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Aus dem Artikel, “The German malaise: ‘a barricaded society’”, von John Vinocur, International Herald Tribune, 10 September 2002:

(1)

„Obwohl die Wirtschaftslage das wichtigste Thema der Wahl von 22. September bleibt, deutet die Leistungsrangliste darauf hin, dass die Deutschland eigentümlichsten Probleme – eine der niedrigsten Wachstumsrate der EU, hohe Staatsschuld und Defizite, eine der höchsten Arbeitslosenquoten Europas – sind schließlich schwierig zu lösen, weil sie in einer Gesellschaft verwurzelt sind, die fast jede Veränderung unangenehm findet, einer Gesellschaft, die sich gegen fast jede Veränderung wehrt . . . .“

Herr Vinocur hätte vielleicht hinzufügen können, dass irgendjemand, der sagt, dass Veränderungen in einer deutschen Organisation notwendig sein könnte, oder der tut, als Veränderungen notwendig seien, sehr oft entdecken wird, dass er schikaniert, gemobbt und diskriminiert wird, egal ob er an der Spitze der Organisation steht oder ein normales Mitglied ist.

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 9:15 AM

============================ENTRY NUMBER 00014:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

15 SEPTEMBER 2002, SUNDAY, MUNICH, GERMANY.

Party (2)

According to a recent study by the Gallup organization, only 15 percent of German workers can be classified as engaged or deeply involved in their work; the rest either do no more than the minimum required (69 percent) or are completely unproductive (16 percent). Moreover, the behavior of the latter two groups is expensive: estimates place the damage to the German economy at around 221.1 billion euros per year. (Associated Press, Frankfurt/Potsdam, 10 September 2002, “Deutschlands Arbeitnehmer laut Studie nicht engagiert.”)

I believe the students I saw around me at the party the other evening, will belong to the engaged 15 percent. And that percentage will grow.

One reason I’m so convinced of that is because many of my students leave Germany to work and study for a time in the United States or in some other English-speaking country where they are free to be as motivated and engaged in their work as they want to be.

When they return, as almost all of them do, they’re changed by the experience, and I think Students like them are the ones who will not only form part of the nucleus of an increasingly engaged workforce in Germany, they will also be among those Germans who can at last unlock their own potential and the potential of those around them.
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DEUTSCHE FASSUNG

15 SEPTEMBER 2002, SONNTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Party (2)

Nach einer Studie des Meinungs- und Marktforschungsunternehmens Gallup können nur 15 Prozent der deutschen Arbeitnehmer als engagiert eingestuft werden, die anderen entweder machen nur Dienst nach Vorschrift (69 Prozent) oder sie sind schlicht unproduktiv (16 Prozent). Die insgesamt unengagierte Haltung koste richtig Geld: Der gesamtwirtschaftliche Schaden liege bei bis zu 221,1 Milliarden Euro jährlich. (Associated Press, Frankfurt/Potsdam, 10 September 2002, “Deutschlands Arbeitnehmer laut Studie nicht engagiert.”)

Ich glaube, dass die Studenten, die ich vor ein paar Tagen auf der Party sah, der engagierten Gruppe angehören. Und diese Gruppe wird immer größer.

Ein Grund dafür, dass ich mich in dieser Hinsicht sehr optimistisch fühle, ist, dass viele von meinen Studenten Deutschland verlassen und eine Zeit lang in den USA oder in einem anderen englischsprachigen Land arbeiten und studieren, wo sie frei sind, so motiviert und engagiert zu arbeiten, wie sie wollen.

Die meisten natürlich kehren nach Deutschland zurück, aber sie sind durch ihre Erfahrungen geändert, und ich glaube, dass Studenten wie sie den Kern einer immer engagierten Belegschaft in Deutschland bilden werden. Sie werden auch unter den Deutschen sein, die ihr Potenzial an Leistung endlich verwirklichen können, ihr eigenes Potenzial und auch das der anderen, mit denen sie arbeiten.
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posted by Robert John at 9:13 AM

============================ENTRY NUMBER 00013:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

14 SEPTEMBER 2002, SATURDAY, MUNICH, GERMANY.

Party (1)

The other day a friend – one of my former students at the Technische Universitaet Muenchen – organized a small party for about twenty-five people in one of those cozy Bavarian restaurants that looks as if it had hardly changed since the nineteenth century. All of those present were students and former students at the university and a surprising number were former students of mine that I hadn’t seen in some time.

What struck me most about the group was how dissimilar they were to earlier generations of German students and how similar to Americans their own age. It may be that the whole world is becoming Americanized, but on the other hand what is America if not a country that was itself created by the rest of the world?

It occurred to me that since these younger Germans are the way they are – lively, energetic, intelligent, free, liberal – then there is hope for Germany. It may take a generation, but these and other Germans will find a way to unlock the enormous human potential that is now held in check by an oppressive bureaucratic mentality, by a democracy built on conformity, and by a rigid, stultified national outlook on the world.

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

14 SEPTEMBER 2002, SAMSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Party (1)

Vor ein paar Tagen hat ein Freund – einer meiner ehemaligen Studenten an der Technische Universität München – eine kleine Party für ungefähr fünfundzwanzig Leute veranstaltet. Wir haben uns in einem dieser gemütlichen bayerischen Restaurants getroffen, das so aussieht, als ob es sich seit dem neunzehnten Jahrhundert nicht geändert hat. Alle Anwesenden waren Studenten und ehemalige Studenten von der TU München, und eine überraschend große Anzahl davon waren ehemalige Studenten aus meinen eigenen Kursen an der Universität, Studenten, die ich seit einiger Zeit nicht gesehen hatte.

Das, was mir am meisten an dieser Gruppe aufgefallen ist, war die Tatsache, dass sie alle ganz anders waren, als frühere Generationen von deutschen Studenten, und dass sie Amerikanern in ihrem Alter sehr ähnlich waren. Es kann sein, dass die ganze Welt amerikanisiert wird, dachte ich mir, aber andererseits, was ist Amerika, wenn nicht ein Land, das von anderen Menschen aus der ganzen Welt geschaffen worden ist?

Es fiel mir auch ein, da diese jüngen Deutschen sind wie sie sind – lebhaft, tatkräftig, intelligent, frei, liberal – dann ist Deutschland doch noch zu retten. Es kann eine Generation dauern, aber diese und andere Deutsche werden einen Weg finden, um ihre Möglichkeiten auszuschöpfen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, Möglichkeiten und Fähigkeiten, die jetzt durch eine bedruckende bürokratische Mentalität, durch eine auf Konformismus aufgebaute Demokratie, und durch eine starre, beschränkte nationale Weltanschauung eingedämmt werden.

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 9:10 AM

============================ENTRY NUMBER 00012:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

13 SEPTEMBER 2002, FRIDAY, MUNICH, GERMANY.

“De-bureaucratization“ (3)

Another law that will never be changed, but the abolition of which would greatly contribute to turning Germany into a normal, modern country, is the law that allows public sector bureaucrats to become Bundestag members while keeping their status as bureaucrats. If they lose an election, they not only receive so-called “transition pay,” amounting to tens of thousands and sometimes hundreds of thousands of dollars, they can also return to their positions in the state bureaucracy at any time with no loss of income, status, or privileges.

If bureaucrats become politicians, they should be required to resign from the state bureaucracy, give up the privileges associated with it, and agree to be reinstated only if they go through the normal application process once again, like anyone else wishing to enter the bureaucracy.

A parliament full of bureaucrats is hardly likely to impose real reforms on the bureaucrats – or on the country that the bureaucrats have created.
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DEUTSCHE FASSUNG

13 SEPTEMBER 2002, FREITAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

„Entbürokratisierung“ (3)

Noch ein Gesetz, das nie geändert werden wird, dessen Abschaffung aber dazu helfen würde, Deutschland ein normales, modernes Land zu werden, ist das Gesetz, das es erlaubt, dass Beamte Bundestagsabgeordnete werden, ohne ihre Privilegien als Beamte zu verlieren. In den meisten normalen Demokratien wären die Vorteile solcher Menschen undenkbar: Nicht nur dass sie Übergangsgeld empfangen, das sich auf fünf- oder sechsstellige Zahlen belaufen kann, wenn sie eine Wahl verlieren, sondern auch dass sie wieder beamtet werden können, fast automatisch, ohne Verlust an Einkommen, Status oder anderen Privilegien.

Wenn Beamte Politiker werden, sollte es von ihnen verlangt, ihre Stellungen als Beamte zu kündigen, und auf alle verwandten Privilegien zu verzichten, und damit einverstanden zu sein, als Beamte wieder eingesetzt zu werden, nur wenn sie sich noch einmal darum bewerben, genau wie alle anderen, die in das Beamtentum zum ersten Mal eintreten.

Es ist kaum wahrscheinlich aber, dass ein Bundestag voller Bürokraten die Bürokraten – oder das Land, das die Bürokraten geschaffen haben – mit echten Reformen belegen werden.
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posted by Robert John at 9:08 AM

============================ENTRY NUMBER 00011:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

12 SEPTEMBER 2002, THURSDAY, MUNICH, GERMANY.

“De-bureaucratization“ (2)

It is still a crime in Germany to criticize or insult a public official, and so people are understandably reluctant to do so. They have grown up with the idea – a persistent and unconsciously remembered remnant of Germany’s imperial past – that such criticism would be a kind of lese-majeste. However, people in normal democracies understand that without being criticized, public officials will never become more efficient, will never remember that it is they who are there to serve the people, and not the other way around.

Therefore, “de-bureaucratization” as it is now being considered in Germany cannot be successful if it means nothing more than reducing the number rules and regulations that are in force. The power of the bureaucrats themselves must also be reduced, and this can only be done if people are allowed to criticize them.

That is the law that must be changed, before anything else can be changed.

However, change of any sort is exactly what most Germans fear most, and so this law will not be changed in the foreseeable future.

And Germany’s malaise will, unfortunately, drag on.

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

12 SEPTEMBER 2002, DONNERSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

„Entbürokratisierung“ (2)

Es ist immer noch ein Verbrechen in Deutschland einen Beamten zu kritisieren oder zu beleidigen, und man kann deshalb gut verstehen, warum die meisten Menschen in diesem Land das nur ungern tun.

Sie sind mit der Idee groß geworden – eine Idee, die der hartnäckige und unbewusst erinnerte Überrest des Deutschen Reiches ist – dass solche Kritik eine Art Majestätsbeleidigung wäre.

Die Bürger in normalen Demokratien aber verstehen, wenn es keine Kritik an dem Verhalten der Beamten gibt, dann werden Beamte niemals effizienter sein und niemals daran erinnern können, dass sie sind es, die dem Volk dienen müssen, und nicht umgekehrt.

Diejenigen, die nach „Entbürokratisierung“ streben, können niemals einen Erfolg haben, wenn die einzige Folge der „Entbürokratisierung“ ist, dass die Anzahl von Regeln und Vorschriften, die jetzt in Kraft sind, reduziert wird. Die Macht der Bürokraten muss auch reduziert werden. Eine Besserung der Gesellschaft kann nur dann eintreten, wenn die Bürger frei sind, die Bürokraten und Beamten zu kritisieren.

Das ist das Gesetz, das geändert werden muss, ehe alles andere geändert werden kann.

Veränderungen aller Art aber sind genau das, wovor die Deutschen die größte Angst haben, und deshalb wird dieses Gesetz nicht in absehbarer Zeit geändert werden.

Und Deutschlands Malaise wird sich leider hinziehen.

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 9:04 AM

============================ENTRY NUMBER 00010:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

11 SEPTEMBER 2002, WEDNESDAY, MUNICH, GERMANY.

“De-bureaucratization“ (1)

A few days ago, a friend drew my attention to a comment he said he’d seen recently in the Sueddeutsche Zeitung, about the plans that Edmund Stoiber has if he becomes the next German chancellor after the election on September 22:

The Sueddeutsche wrote: “In addition, (Stoiber) will set up a task force under the direction of CDU politician Lothar Spaeth in order to reduce by ‘at least one quarter, and if possible one third’ all rules and regulations in Germany. ‘I’ll go after bureaucratization in massive ways,’ said Stoiber.”

The statement is oddly tentative, because there seems to be a contradiction between the idea of “going after” something and at the same time doing it “in massive ways.” The tentativeness perhaps suggests that Stoiber doubts his own ability to carry out such a task.

However, what is more important is that such efforts will do little to solve the key problem, which is still the basically bureaucratic mindset of the German people themselves.

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

11 SEPTEMBER 2002, MITTWOCH, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

„Entbürokratisierung“ (1)

Vor ein paar Tagen, lenkte ein Bekannter meine Aufmerksamkeit auf eine Bemerkung, die er neulich in der Süddeutschen Zeitung las, über die Pläne, die Edmund Stoiber hat, wenn er am 22. September Bundeskanzler wird.

Man hat in der Süddeutschen geschrieben: „Zudem werde (Stoiber) eine Task Force unter Leitung des CDU-Politikers Lothar Späth einsetzen, um ‚mindestens ein Viertel, besser ein Drittel’ aller Vorschriften in Deutschland außer Kraft zu setzen. ‚Ich werde der Bürokratisierung massiv zu Leibe rücken’, sagte Stoiber.“

Diese Aussage ist merkwürdig zaghaft, weil es ein Widerspruch in sich selbst zu sein scheint. Man spricht davon, etwas „zu Leibe zu rücken“, aber gleichzeitig wird man das „massiv“ durchführen. Die Zaghaftigkeit deutet vielleicht darauf hin, dass Stoiber selbst daran zweifelt, dass er diesen Plan in die Tat umsetzen kann.

Das, was hier aber wichtiger ist, ist, dass solche Bemühungen nicht das Hauptproblem lösen können, weil das Hauptproblem im Grunde genommen die bürokratische Denkart des deutschen Volkes bleibt.

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 9:00 AM

Monday, September 23, 2002

============================ENTRY NUMBER 00009:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

10 SEPTEMBER 2002, TUESDAY, MUNICH, GERMANY.

In an article on the creation of new jobs in Germany, Elisabeth Niejahr wrote last week in Die Zeit (30/2002):

“Most of the other developed nations are clearly more innovative in this area, according to an unpublished report made available to Die Zeit.”

A friend commented, “Of course most other developed countries are more innovative. They’re not dominated by bureaucracies, public and private, the way Germany is.

“Bureaucracies are never innovative. They’re not meant to be. They’re meant to suppress and limit innovation, because innovation can alter the status quo, which bureaucracies are meant to preserve.

“In a country where bureaucrats exert a greater influence than any other social group, ALL social groups tend to mimic the behavior of bureaucrats, and the result is that no group in such a society is or can be very innovative.”
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DEUTSCHE FASSUNG

10 SEPTEMBER 2002, DIENSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

In einem Artikel über den Arbeitsmarkt und die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland hat Elisabeth Niejahr in der ZEIT (30/2002) letzte Woche geschrieben:

„Die meisten anderen Industrieländer seien deutlich innovativer in diesem Bereich, heißt es im bisher unveröffentlichten ‚Reformmonitor’, der der ZEIT vorliegt.“

Ein Bekannter bemerkte, „Natürlich sind die meisten anderen Industrieländer innovativer. Die sind nicht staatlichen und privaten Bürokratien aller Art untergeben, wie der Fall in Deutschland ist.

Bürokratien sind nie innovativ. Die sollen es nicht sein. Der Zweck aller Bürokratien ist, Innovation zu unterdrücken und einzuschränken, weil Innovation den Status quo verändern kann, den die Bürokratien von der Zerstörung bewahren sollen.

In einem Land, wo die Bürokraten einen größeren Einfluss ausüben, als alle anderen Gruppen in der Gesellschaft, neigen ALLE Gruppen in der Gesellschaft dazu, das Verhalten der Bürokraten nachzuahmen. Infolgedessen ist keine Gruppe in einer solchen Gesellschaft sehr innovativ. Sie kann es nicht sein.“
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posted by Robert John at 1:07 PM

============================ENTRY NUMBER 00008:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

9 SEPTEMBER 2002, MONDAY, MUNICH, GERMANY.

A friend remarked:

Germans were recently shocked to learn how badly their schools were rated in the PISA Study, an international study that ranked the school systems of various nations.

Suggestions for radically reforming the system, however, are impossible to implement because they would result in more freedom for the schools and a loss of control by the bureaucrats.

Juergen Oelkers, a professor of education at the University of Zurich, recently wrote admiringly of an American innovation that would be impossible to implement in Germany, but not because of any constitutional problems, as in the United States. The innovation would require changes in the educational system that the bureaucrats in the various state education ministries neither would nor could ever carry out. (Sueddeutsche Zeitung, 7 September 2002, “Pflicht und Schein”) Professor Oelkers wrote:

“‘School vouchers’ are instruments for changing the system of financing education. The principle is simple. Instead of providing schools with predetermined budgets, the parents themselves receive vouchers with which they can choose schools for their children. More precisely, the parents receive a certain sum of money from state tax revenues that they can invest in the schools of their choice. Even more precisely, the schools do not automatically take in pupils, rather they must take the wishes of their customers, the parents, into consideration. The schools must compete with one another. Their budgets are determined by what their customers choose. The result from an administrative point of view is that the connection to a particular school district is either made more tenuous or is severed altogether.”

The result is also an administrative system that would be too chaotic for Germany, regardless of the success it might lead to. My friend remarked that in her opinion, in Germany bureaucratic stability is, unfortunately, more important than success.
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DEUTSCHE FASSUNG

9 SEPTEMBER 2002, MONTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Eine Bekannte sagte mir:

Die Deutschen waren neulich schockiert, als sie erfuhren, wie niedrig ihre Schulen in der PISA-Studie eingestuft wurde:

Es ist aber unmöglich das deutsche Schulsystem von Grund auf zu reformieren, weil das zu größerer Freiheit seitens der Schulen und zu einem Verlust an Kontrolle seitens der Bürokraten führen würde.

Jürgen Oelkers, Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich, hat vor ein paar Tagen bewundernd über eine amerikanische Innovation geschrieben. Es wäre nicht möglich aber, diese Innovation in Deutschland zu verwirklichen. Um das zu tun, muss man das ganze Bildungssystem verändern. Solche Veränderungen würden die verschiedenen Kultusministerien niemals durchführen, sie sind nicht dazu fähig. (Sueddeutsche Zeitung, 7 September 2002, “Pflicht und Schein”) Professor Oelkers schrieb:

SZ, 7 September 2002, „Pflicht und Schein“ von JÜRGEN OELKERS, Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich:

„,Bildungsgutscheine’ oder vouchers sind Instrumente zur Veränderung der Bildungsfinanzierung. Das Prinzip ist einfach: Statt Schulen mit festen Budgets auszustatten, erhalten Eltern oder Erziehungsberechtigte Bildungsgutscheine, mit denen sie Schulen für ihre Kinder auswählen können. Genauer: Die Eltern erhalten aus dem staatlichen Finanzierungsaufkommen eine bestimmen Summe, die sie in Schulen ihrer Wahl investieren können. Noch genauer: Die Schulen erhalten nicht automatisch Schüler zugeführt, vielmehr müssen sie Kundenwünsche berücksichtigen und treten untereinander in Wettbewerb. Die Höhe ihres Budgets richtet sich nach der Wahl ihrer Kunden. Verwaltungstechnisch würde daraus folgen, die Schulkreisbindung zu lockern oder ganz auszulösen.“

Verwaltungstechnisch würde daraus in Deutschland auch folgen, dass ein zu großes Chaos entstehen würde. Der Meinung meiner Bekannte nach, wäre der Erfolg, zu dem solche Innovationen führen würden, den Bürokraten ganz egal.
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posted by Robert John at 1:03 PM

============================ENTRY NUMBER 00007:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

8 SEPTEMBER 2002, SUNDAY, MUNICH, GERMANY.

With the Fuehrer’s Help (2)

Popp told the Sueddeutsche Zeitung that after he sent out the letters, every time the doorbell rang, he expected it to be men in long leather coats from one of the German federal security services. “But it was always the mailman,” he said.

It was the mailman bringing letters of acceptance – some of them almost wildly enthusiastic – from Germany’s main political parties, the conservative CDU/CSU, the left of center SPD, the liberal FDP, and even the Greens.

“I read your letter with interest and enjoyment,” wrote a CDU representative. “It’s terrific that you want to become a member of our party,” the Greens responded. The SPD sent a list of upcoming events, and the FDP forwarded an invitation to a ball where Hans-Dietrich Genscher, Germany’s foreign minister under Helmut Kohl, would be the guest of honor. “Maybe I could have danced with Mrs. Genscher,” said Popp.

He also said it was depressing that such things could happen. He might have been just as successful, he remarked, if he had signed the letters “Adolf Hitler.”
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DEUTSCHE FASSUNG

8 SEPTEMBER 2002, SONNTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Mit Führers Hilfe (2)

Popp sagte der Süddeutschen, wenn es in den ersten Tagen bei ihm an der Tür geklingelt hat, habe er gedacht, da stünden jetzt bestimmt zwei Herren in Ledermänteln vor der Tür, vom Verfassungsschutz. „Aber es war immer der Briefträger.“

Es war der Briefträger, der schriftliche Zusage – manchmal fast euphorische Zusage – brachte, von der CDU/CSU, der SPD, der FDP, auch von den Grünen.

„Ihren Brief habe ich mit Interesse und Genuss zugleich gelesen“, schrieb ihm der Geschäftsführer der Kölner CDU. „Toll, dass Sie bei uns Mitglied werden wollen“, jubelten die Grünen in Köln. Die SPD schickte gleich die nächsten Termine und von der FDP wurde das vermeintlich neue Mitglied zu einem Ball mit Hans- Dietrich Genscher eingeladen. „Da hätte ich dann vielleicht mit Frau Genscher getanzt“, sagt Popp.

„Ich war niedergeschlagen, dass so etwas möglich ist“, sagt Popp. Mittlerweile glaubt er, dass er auch Erfolg gehabt hätte, wenn er gleich als „Adolf Hitler“ geschrieben hätte.
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posted by Robert John at 12:58 PM

============================ENTRY NUMBER 00006:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

7 SEPTEMBER 2002, SATURDAY, MUNICH, GERMANY.

With the Fuehrer’s Help (1)

The Sueddeutsche Zeitung, one of Germany’s most respected newspapers, recently reported the story of a writer with a sense of humor (“Mit Fuehrers Hilfe in die CSU,“ Sueddeutsche Zeitung, 5 September 2002).

Rainer Popp, a resident of Cologne, sent a letter to each of Germany’ major political parties asking to be accepted as a member. To support his application, he used unattributed quotes from Hitler’s “Mein Kampf.”

Popp complained that no one was doing anything about “the flood of foreigners spreading themselves ever more brazenly across our Fatherland.” He wrote that Nature had set the forces of life in play on this earth so that “the strongest, the most courageous, the most diligent could, as Nature’s child, receive the promised right of being the Master of Existence.” Only the “born weakling” could “find that dreadful.” In the end, it would be “only the longing for survival” that would confer victory. In the face of this longing, “so-called respect for humanity” would disappear like “snow in the sun of March.”

(To be continued)
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DEUTSCHE FASSUNG

7 SEPTEMBER 2002, SAMSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Mit Führers Hilfe (1)

Die Süddeutsche Zeitung neulich berichtete über einen Schriftsteller mit einem Sinn für Humor. (“Mit Führers Hilfe in die CSU,“ Süddeutsche Zeitung, 5 September 2002).

Rainer Popp, wohnhaft in Köln, schickte jeder von der bedeutenden politischen Parteien einen Brief zu, um Aufnahme in die Partei zu beten. Um seinen Antrag zu stützen verwendete er in den Briefen nicht zugeschriebene Zitate aus Hitlers „Mein Kampf.“

Popp beklagte sich darüber, dass man tue „nichts gegen die Überflutung von Ausländern, die sich hier immer dreister in unserem Vaterland breit machen.“ Er schriebe, die Natur setze die Lebewesen auf diesem Erdball aus und sehe dann dem freien Spiel der Kräfte zu. Der Grund dafür: „Der Stärkste an Mut und Fleiß erhält dann als ihr liebstes Kind das Herrenrecht des Daseins zugesprochen.“ Nur der „geborene Schwächling“ könne dies als „grausam empfinden.“ Doch am Ende siege „ewig nur die Sucht der Selbsterhaltung.“ Unter ihr schmelze die „so genannte Humanität“ dahin wie „Schnee in der Märzsonne.“

(Fortsetzung folgt)
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posted by Robert John at 8:43 AM

============================ENTRY NUMBER 00005:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

6 SEPTEMBER 2002, FRIDAY, MUNICH, GERMANY.

Thoughts on Germany (3)

Above all, German universities must never, ever be allowed to slip outside the control of those guardians of the status quo, the bureaucrats.

A society that never changes, though, a society that fears change, one that shuns change, cannot develop solutions to the new problems confronting the contemporary world.

Too many Germans do not seem to understand this. They remain baffled by the truly immense problems their country faces.

Americans, however, look forward to change, and America has remained relatively stable since its beginnings.

Many Germans resist change, but resistance to change can very often produce instability. History shows that when change is postponed too long, the results can sometimes be catastrophic.
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DEUTSCHE FASSUNG

6 SEPTEMBER 2002, FREITAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Gedanken über Deutschland (3):

Vor allem, müss es den deutschen Universitäten, nie gestattet sein, außer der Kontrolle der Hüter des Status quo, der Bürokraten, zu geraten.

Eine Gesellschaft aber, die sich nie ändert, eine Gesellschaft, die vor Veränderungen Angst hat, die Veränderungen meidet, kann keine Lösungen für die neuen Probleme entwickeln, die die heutige Welt jeden Tag konfrontieren müss.

Es scheint, dass zu viele Deutsche das nicht verstehen. Sie bleiben verwirrt, vor den echt ungeheuren Problemen, die ihr Land heute gegenüberstehen muss.

Die Amerikaner aber freuen sich auf Veränderungen und ihr Land bleibt seit dem Anfang seiner Geschichte verhältnismäßig stabil.

Viele Deutsche wehren sich gegen Veränderungen, aber Widerstand gegen nötige Veränderungen kann sehr oft zu Instabilität führen. Die Geschichte zeigt, dass, wenn Veränderungen um eine zu lange Zeit verschoben werden, die Folgen manchmal katastrophal sein können.
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============================ENTRY NUMBER 00004:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

5 SEPTEMBER 2002, THURSDAY, MUNICH, GERMANY.

Thoughts on Germany (2):

In Germany’s long history, however, change has represented something quite different. Nearly endless warfare, revolutions, the rise and fall of governments, victories, defeats, occupation, loss of territory, devastating economic collapse, all this compelled the Germans to shun the idea of change, to seek safety and security in the idea of permanence. They built rock-solid bureaucracies they hoped would contribute to a maintenance of the status quo.

In central Europe, the individual, that most unpredictable of society’s components, had to be brought to heel, integrated into a rigid hierarchy, taught to be obedient, made to respect that immovable foundation of the state: its bureaucracy.

This twin legacy, fear of change and fear of the individual, created a country where democracy is still heavily influenced by the idea of respect for those in authority, where hierarchical structures must never be violated, and where nearly every conceivable rule and regulation must be put into place to insure that if anything has to change, it will change as little as possible.

DEUTSCHE FASSUNG

5 SEPTEMBER 2002, DONNERSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Gedanken über Deutschland (2):

In der langen Geschichte Deutschlands aber, stellte die Vorstellung von Veränderungen etwas anderes dar. Beinahe endlose Kriegführung, Revolutionen, der Aufstieg und Untergang von verschiedenen Regierungsformen, Siege, Niederlagen, Besetzung, Verlust von Territorium, verheerender wirtschlaftlicher Zerfall, all das hat die Deutschen dazu gezwungen, Veränderungen zu meiden und Sicherheit in der Vorstellung von Dauerhaftigkeit zu suchen. Sie bauten unerschütterliche Bürokratien, die zur Aufrechterhaltung des Status quo beitragen würden, oder so hoffte man.

In Mitteleuropa, musste das Individuum, der unberechenbarste Bestandteil, den die menschliche Gesellschaft enthält, auf Vordermann gebracht werden. Das Individuum musste in eine unbeugsame Hierarchie eingegliedert werden, es musste Gehorsam lernen und gezwungen dazu, dieses unbewegliche Fundament des Staates zu respektieren: seine Bürokratie.

Dieses doppelte Vermächtnis, Angst vor Veränderungen und Angst vor dem Individuum, hat ein Land geschaffen, wo die Demokratie immer noch von dem alten Obrigkeitsdenken stark beeinflusst ist, wo hierarchische Strukturen niemals verschandelt werden dürfen, und wo fast jede denkbare Regel und Vorschrift erlassen werden muss, um zu gewährleisten, dass, wenn irgendetwas sich ändern muss, es sich so wenig wie möglich ändern wird.

============================ENTRY NUMBER 00003:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

4 SEPTEMBER 2002, WEDNESDAY, MUNICH, GERMANY.

Thoughts on Germany (1):

I think perhaps nothing demonstrates better the difference between Germans and Americans than the attitude that each group has toward the idea of change.

For Americans, change has been a constant throughout their history. Lives changed as people migrated to America, the country changed as it expanded westward.

Along with these changes, the importance of the individual increased to an unprecedented degree in America. In new and uncertain circumstances, individuals had only themselves or their immediate families and neighbors – not the state – to rely on.

Because all of these changes eventually led to better and more prosperous living conditions in America, change became something that Americans learned to embrace and welcome, even to strive for.

DEUTSCHE FASSUNG

4 SEPTEMBER 2002, MITTWOCH, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Gedanken über Deutschland (1):

Ich glaube, vielleicht das, was am besten den Unterschied zwischen Deutschen und Amerikanern zeigt, ist die Einstellung, die jede von diesen zwei Gruppen hat, zu Veränderungen in der Gesellschaft.

Für die Amerikaner, seit dem Anfang ihrer Geschichte sind Veränderungen paradoxerweise wie ein physiches oder mathematisches Konstante. Das Einzige, was die Amerikaner für sicher halten konnten, war, dass Veränderungen sich ergeben würden.

Als Menschen nach Amerika emigrierten, hat ihr Leben sich drastisch verändert. Auch das Land hat sich geändert, als es nach Westen expandierte.

Zusammen mit diesen Veränderungen gewann das Individuum in Amerika eine noch nie da gewesene Bedeutung, die es nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gehabt hatte. In neuen und ungewissen Verhältnissen konnten einzelne Menschen sich nur auf sich selbst und auf ihre Familien und Nachbarn verlassen, nicht auf den Staat.

Weil all diese Veränderungen schließlich zu besseren Lebensverhältnissen führten und zu Wohlstand gelangten, würde die Vorstellung von Veränderungen aller Art das, was die Amerikaner begrüßen und ergreifen lernten. Sie fingen an, nach Veränderungen sogar zu strebten.

============================ENTRY NUMBER 00002:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

2 SEPTEMBER 2002, MONDAY, MUNICH, GERMANY.

I spoke this morning with a faculty member of the Technische Universitaet, Edmund Cmiel. He was disarmingly friendly, intelligent, and spoke with just enough of a Bavarian accent to give his German a certain charm.

The president of the university, he said, had been contacted “from the outside” about the letter below, which I have been sending out over the internet. Cmiel appealed to my sense of loyalty to the university and wanted me to stop sending the letters.

I indicated that it was my sense of loyalty to the university that was impelling me to send the letters, in the hope that someday conditions at all German universities would improve.

Cmiel then produced the argument that Germans in positions of authority always use against anyone whose behavior is non-conformist or is in any way disapproved of: “What kind of a society would we live in if everyone went around giving vent to their annoyance and displeasure.”

I said that if no one had ever protested or complained, human beings would hardly have made any progress at all during our brief lifetime on this planet.

I should have perhaps said to him that if more Germans had complained in the last twenty or thirty years, then Germany would not be facing the disastrous situation it’s facing now. The poor Germans, they seem still to believe what Bismarck once said, that the first duty of the people is to be quiet. In America it’s almost the opposite. You could almost say that Americans believe the most important duty the people have is to keep up the kind of unrest and commotion that can change and improve everything, the kind of activity that can everything in a society like Germany going again.

I didn’t say that, though, and Cmiel mentioned that I could only harm myself with these letters, and in doing so somewhat contradicting the earlier appeal to my sense of loyalty. That comment seemed to me a little like a fist-in-the-velvet-glove sort of statement, but he explained that if I repeatedly sent out the letter about German universities, people would think I was a idiot, though he used more polite German expression.

I said that there had always been people who thought I was an idiot and that I was used to that.

He then compared the frequency of my e-mail messages to an irritating advertising campaign that has the effect of alienating potential consumers.

I told him I would think about his arguments, and he asked me to call him in a couple of days to let him know what I’d decided – whether to continue the letters or stop them.

After having given his arguments some thought, I have to say that I will probably tell him that I believe legitimate protest cannot quite be compared to an advertising campaign. Those in authority inevitably react with irritation – to say the least – when confronted with peaceful protest. This has always been true. It was true of the civil rights movement in the United States, Gandhi’s independence movement in India, the silent protests against apartheid by white South African women, the equally silent protests by the women of Argentina over their “disappeared” friends and relatives, and many other protest movements.

Protest is never pleasing to the authorities.

A friend of mine recently asked me how far I was prepared to go with these protest letters. “The Technische Universitaet has been far more patient with you than other German institutions would have been,” she said. “Anywhere else you would have been swiftly fired, punished, and silenced. And that could still very easily happen.

“This is only the beginning though. Think of the progression so far. First, your letters are ignored, because the authorities believe you will give up and stop writing them. Second, when that doesn’t work, they treat you with contempt, such as having the secretary of the university president refer to your letters as “junk mail.” Third, when all that doesn’t work, there is the friendly appeal to loyalty and reason, the appeal to your sympathy for an institution which you might harm with your protests – never mind that your protests reflect injustices you and others have suffered, you’re expected to do nothing and say nothing so as not to harm the institution, you’re expected to allow it to go on committing the same kind of injustices against other people.

“This is, however, as I said, only the beginning. If sweet reason and friendly persuasion don’t work, then the velvet glove comes off, and the institution that asks for your loyalty will do everything it can to destroy you. Institutions that feel “terrorised” – to use Cmiel’s word – by letters like yours can and do go any extreme to defend themselves. In your case, that would include being fired, sued, and deported.

“The German elite often ridicules the United States for the supposedly excessive damage awards granted in American courtrooms – mainly because that elite doesn’t ever want to be in a position of having to pay such awards in Germany. However, that same elite is not above using money as a punishment. If push comes to shove, the Technische Universitaet will not hesitate to take you to court and strip you of the relatively little capital and property you possess.

“That’s known as ‘German irony’ – first they exploit you for years, and then when you protest, they punish you by taking everything you’ve got.”

“Exploit?” I said. “Who’s been exploiting me?”

She laughed. “You work for ten years at a university, and they calculate your pay by the hour and pay you only once a semester, at the very end. You teach four ninety-minute classes a week and for that you receive about $2,800 a semester. Not only that, but out of that $2,800 you have to pay your taxes, your health insurance, and your state pension contributions. If that’s not exploitation, baby, I don’t know what is. The astonishing thing is that you were enough of an idiot to put up those conditions for so long – are you sure you graduated from Harvard?”

“Of course I wouldn’t have put up with those conditions if I’d needed money,” I said. “The people I feel sorry for are those who have to teach for the money. But I’ve had fun teaching. That’s why I’ve done it, and that’s why it doesn’t matter to me if I’m fired or not.”

She looked at me a moment. “You’re not only an idiot,” she said. “You’re dangerous. You know that?”

I said I was prepared accept the consequences of my actions, whatever the university wanted to do to me. I’m no longer a young man, I told her, and I’ve been silent for far too long. I want people to know what happens at German universities. When Harvard was a small provincial college and Oxford was sunk in the sleep of centuries, German universities were the pride of western culture. And now? Now they appear to be nothing more than institutions that are suffocating and paralyzed, slowly crushed by the weight of their own bureaucracies and the bureaucratic mindset.

They do have one redeeming feature, though, I added: the students, the patient, long-suffering students, bright, polite, good-humored, and intelligent.

“Doesn’t it make you wonder how much those students could really achieve,” she replied, “if they weren’t handicapped by the very institutions that are supposed to be educating them?”

DEUTSCHE FASSUNG

2 SEPTEMBER 2002, MITTWOCH, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Ich habe heute morgen mit Edmund Cmiel gesprochen, Dozenten an der Technischen Universität. Er war entwaffnend freundlich, intelligent und sprach in einem charmanten, bayerisch eingefärbten Deutsch.

Man habe sich „von außen“ mit dem Präsidenten der Universität in Verbindung gesetzt, sagte Herr Cmiel, wegen des unten zitierten Briefes, den ich seit kurzem über das Internet verbreite. Herr Cmiel appellierte an meinen Sinn für Loyalität gegenüber der Universität und wollte, dass ich die Briefe einstelle.

Ich gab zu verstehen, dass es mein Sinn für Loyalität sei, der mich anspornte, die Briefe auszuschicken, mit der Hoffnung, dass die Verhältnisse sich an allen deutschen Universitäten eines Tages verbessern würden.

Herr Cmiel dann erbracht das Argument, das deutsche Verantwortliche immer verwenden, gegen jeden Einzelnen, der Nonkonformist ist, oder dessen Verhalten die Verantwortlichen missbilligen. „Was für eine Gesellschaft würden wir haben,“ fragte er mich, „wenn alle immer wieder und überall ihren Unmut ausließen.“

Ich sagte, wenn niemand zu jeder Zeit protestiert oder sich beklagt hätte, dann wären wir Menschen nur langsam während unseres kurzen Leben auf diesem Planet vorangekommen, wenn überhaupt.

Ich hätte ihm vielleicht auch sagen sollen, wenn mehr Deutsche sich in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren beklagt hätten, dann würde Deutschland sich nicht in den katastrophalen Umständen befindet, in denen es jetzt ist. Die armen Deutschen, sie scheinen immer noch daran zu glauben, was Bismarck einmal sagte, nämlich, dass die erste Pflicht der Bürger Ruhe ist. In Amerika ist es fast das Gegenteil. Man könnte beinahe sagen, dass die Amerikaner glauben, dass die wichtigste Pflicht der Bürger die Art Unruhe ist, die alles ändern und verbessern kann, die alles endlich in Bewegung setzen kann.

Ich sagte das aber nicht, und Herr Cmiel erwähnte, ich könne nur mich selbst schaden und damit widersprach er etwa den früheren Appell an meinen Sinn für Loyalität. Diese Bemerkung schien mir, als ob sie eine versteckte Drohung sein konnte, aber er erklärte, dass er meine, wenn ich wiederholt den Brief über deutsche Universitäten ausschickte, dann würden alle denken, ich sei ein voller Idiot, obwohl Cmiel einen höflicheren deutsche Begriff verwendete.

Ich erwiderte, dass es immer Leute gegeben habe, die dachten, ich sei ein Idiot und ich habe mich daran gewöhnt.

Dann verglich er die Häufigkeit meiner E-Mails mit einem Werbefeldzug, der sich letztendlich die Verbraucher entfremdet, weil die Kampagne ihnen so sehr auf die Nerven geht.

Ich sagte ihm, ich würde über seine Argumente nachdenken, und er bat mich darum, ihn in ein paar Tagen anzurufen, um ihm darüber Bescheid zu geben, wofür ich mich entschieden habe – die Briefe einzustellen oder nicht.

Nachdem ich seine Argumente erwägt habe, muss ich sagen, dass ich ihm wahrscheinlich erzählen werde, dass ich einfach nicht glaube, man kann berechtigte Proteste mit einer Werbekampagne vergleichen. Wo es sich um friedliche Proteste handelt, reagieren die Veranwortlichen und die Behörden in jedem Umfeld zwangsläufig mit Ärger – gelinde gesagt. Das ist seit dem Anfang immer so. Das ist wahr, wo es um die Bürgerrechtsbewegung in den USA in der sechziger Jahren ging. Es ist auch wahr, wo es um Gandhis Unabhängigkeitsbewegung in Indien geht und wo es um die stillen Proteste der weißen südafrikanischen Frauen gegen das Apartheidsystem geht. Es ist wahr, wo es sich um die ebenfalls stillen Proteste der Frauen von Argentinien gegen das Verschwinden ihrer Freunde und Verwandten handelt. Es gilt natürlich auch für viele andere Protestbewegungen.

Ein Protest gefällt den Behörden und Verantwortlichen niemals, auf jeden Fall in Deutschland.

Eine Bekannte fragte mich neulich, wie weit ich mit diesen Protestbriefen gehen würde. „Die Technische Universität hat bis jetzt sehr große Geduld mit dir gehabt, viel größere Geduld als die, die andere deutsche Institutionen gehabt hätten,“ sagte sie. „Wenn du woanders arbeitetest, hätte man dich blitzschnell gefeuert, bestraft und zum Schweigen gebracht. Das könnte immer noch sehr leicht an der Technischen Universität passieren.“

Sie lächelte. „Dies ist aber nur der Anfang. Denk an die Steigerung, die es schon gegeben hat, und du wirst sehen, dass der Verlauf erst begonnen hat: Erstens, deine Briefe werden ignoriert, weil alle Verantwortlichen glauben, du wirst aufgeben und nach ein paar Tagen die Briefe einstellen. Zweitens, wenn das nicht geht, behandeln sie dich mit der Art Verachtung, die die Sekretärin des Universitätspräsidenten zeigte, als sie ihre Briefe als Ramsch beschrieb. Drittens, wenn all das ohne Wirkung bleibt, dann gibt es den freundlichen Appell an deine Loyalität und Vernunft, den Appell an deinen Sinn für Mitgefühl mit einer Institution, der du mit deinen Protesten schaden könntest. Es aber natürlich egal, dass deine Proteste Unrecht widerspiegelt, das dir und anderen geschehen ist. Man erwartet von dir, dass du nichts tust und nichts sagst. Die erste Pflicht ist Ruhe. Man erwartet von dir, dass du es einfach erlaubt, dass diese Institutionen und andere, die ähnlich sind, fortfahren, auch andere Leute zu Unrecht zu behandeln.“

Dann sah sie ernster aus. „Dies ist, wie ich dir schon gesagt habe, nur der Anfang. Wenn liebliche Vernunft und freundliche Überzeugungskraft ihre Wirkung verfehlen, dann Schluss mit Liebenswürdigkeit, und diese Institution, die deine Loyalität verlangt, wird alles tun, um dich zu bestrafen, vielleicht sogar zu vernichten. Institutionen, die sich wegen Briefe ‚terrorisiert’ fühlen – um den Begriff von Herrn Ciel zu verwenden – können und werden alles tun, sich zu verteidigen. In deinem Fall würde das möglicherweise bedeuten, gefeuert, vor Gericht gebracht und ausgewiesen zu werden.“

Sie hielt einen Augenblick inne. „Die deutsche Elite verspottet oft die USA, wegen des angeblichen übertriebenen Schadenersatz, den man vor einem amerikanischen Gericht erhalten kann. Die Elite tut das, weil ihre Mitglieder niemals wollen, solchen Schadenersatz in Deutschland bezahlen zu müssen. Trotzdem, ist diese Elite immer bereit, einen wie dich zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Ich bin mir ganz sicher, wenn nötig, wird die Technische Universität keine Bedenken haben, dich anzuklagen und dich des verhältnismäßig bescheidenen Kapitals und Eigentums, das du hast, zu berauben.“

Sie schaute mich etwas spöttisch an. „So etwas zu tun, das ist ‚deutsche Ironie.’ Zuerst beuten sie dich jahrelang aus, und dann, wenn du protestierst, bestrafen sie dich dadurch, dass sie dir alles, was du hast, nehmen.“

„Ausbeuten?“ sagte ich. „Wer hat mich ausgebeutet?“

Sie lachte. „Du arbeitest zehn Jahre an einer Universität, für einen Stundenlohn, den du erst am Ende des Semester empfangen kannst. Du unterrichtest vier Kurse pro Woche, jeder Kurs dauert neunzig Minuten. Dafür bekommst du ungefähr $2.800,00 pro semester. Mit dieser Summe von $2.800,00 musst du Steuer, Krankenkasse- und Rentenbeiträge bezahlen. Wenn das nicht Ausbeutung ist, Kleines, dann weiß ich nicht, was Ausbeutung bedeutet. Das aber, was so erstaunlich ist, ist, dass du ein so großer Idiot bist, dass du dich damit eine so lange Zeit abgefunden hast. Bist du sicher, dass du deinen Universitätsabschluss in Harvard gemacht hast?“

„Wenn ich Geld gebraucht hätte, natürlich hätte ich mich nicht mit so etwas abgefunden,“ sagte ich. „Die Leute, die mir leid tun, sind diejenigen, die mit solcher Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Mir aber macht es Spaß, zu unterrichten. Das ist der Grund dafür, dass ich als Lehrer arbeite. Das ist auch der Grund dafür, dass es mir egal ist, ob man mich feuert oder nicht.“

Sie schaute mich noch einmal einen Augenblick an. „Du bist nicht nur ein Idiot,“ sagte sie, „du bist gefährlich. Weißt du das?“

Ich sagte, ich sei bereit, alle Konsequenzen meiner Taten in Kauf zu nehmen, was auch immer die Universität mir antun wollte. Ich sei nicht mehr ein junger Mann, sagte ich ihr, und ich schweige seit einer viel zu langen Zeit. Ich will, dass andere Leute wissen, was an deutschen Universitäten passieren kann.

Als Harvard ein kleines provinzielles College war und Oxford jahrhundertelang geschlafen hatte, waren die deutschen Universitäten der ganze Stolz der westlichen Kultur. Und jetzt? Jetzt scheinen sie nichts mehr zu sein, als Institutionen, die unter Erstickung und Lähmung leiden, die zu Tode unter der Last ihrer Bürokratien und ihrer bürokratischen Denkart gequetscht werden.

Man muss aber den deutschen Universitäten eins zugute halten, fügte ich hinzu: die Studenten, die geduldigen, langmütigen Studenten, die so sehr hell, aufgeweckt, höflich, gutmütig und intelligent sind.

„Fragst du dich dann nicht,“ erwiderte sie, „wie viel diese Studenten erreichen könnten, wenn sie nicht durch die Institutionen behindert worden wären, die sie bilden sollen?“

=======================EINTRAG-NUMMER 00001:

(Eine Deutsche Fassung steht weiter unten.)

2 SEPTEMBER 2002, THURSDAY, MUNICH, GERMANY.

To whom it may concern:

Many people will consider everything that I write here a great exaggeration, perhaps even a kind of insult to German universities. I can only respond that I recently spent an evening with some acquaintances, Germans and Americans, who devote their time and energy at the highest levels to education in Germany and America. At the beginning of the evening, as my acquaintances discussed education in Germany, I had the impression that they were speaking about a German that was completely different from the Germany I know. As the evening wore on, however, one or the other of these people gradually began to express opinions that were the same as mine: on German democracy, the German education system, German universities, and the German authorities.

You’ll be receiving this letter quite often in the coming years, because I want to try, every day, to remind as many people as possible, what teaching at a German university can mean.

First of all, whether or not you have a doctorate, whether or not you have much experience, whether or not you’ve published a book or a number of articles, whether or not your courses are well-attended, whether or not you’re a popular teacher, you should prepare yourselves, my friends, to be discriminated against at German universities, at least in the opinion of many people.

For example, at the Language Center of the Technische Universitaet Muenchen, where I teach, there was an opening for a “Lektor,” a kind of assistant lecturer. Among the temporary instructors at the Language Center, there is one with a doctorate, together with another who has a Harvard degree and has published a book and a number of short articles, and a woman who has had years of experience giving technical English-language instruction to medical students. The courses that these instructors have given are not only well-attended but in many cases very crowded. At the same time, however, there was another instructor who has no doctorate, who has published nothing up to now, who has less experience as university instructor than the others do, who has less experience teaching technical English than the others do, whose courses are not particularly well attended, and who is not particularly popular with the students.

And how was the decision made to fill the open “Lektor” position? In secret, of course. No one was told that the position was even open, so no one could apply for it, and of course no one had an opportunity to be interviewed for it.

And who is occupying the position now? Neither the instructor with the doctorate, nor the Harvard graduate who had published a book and some articles and whose courses are normally very crowded, nor the woman who had for years taught English to medical students. No, the person chosen to fill the position was the instructor with no doctorate, with less experience as a university instructor and less experience with technical English, and whose courses are not particularly well-attended, and who is not particularly popular with the students.

And the reason this person was named to the position? People were told that the reason was experience with technical English, although the person in question has hardly taught a course in that area and certainly not as many courses as the other instructors have.

When you’ve lived long enough in Germany, however, something like that is not at all surprising.

In Bavaria, for example, in the opinion of many people, it is quite normal for politicians to force the universities to name someone to a post who is not particularly qualified – sometimes not at all qualified – but who is a friend of the politicians or of the university bureaucrats.

People who live and work in Bavaria know very well what I mean.

And yet the Germans are surprised that their universities remain at a relatively low level, and that nearly the only foreign students who want to attend German universities are people from developing countries.

At the same time, however, many Germans cannot understand at all, why the really talented Germans go to America to win Nobel Prizes or to do first-class scientific research at universities like M.I.T., Harvard or Stanford.

Many Americans who live and teach in Germany know what I mean.

If you’re an American or British professor and have grown accustomed to the freedom that is quite usual at Anglo-Saxon universities, if you’re an open-minded thinker, or if you believe that universities exist for the sake of their students and their teaching staff and not for the sake of bureaucrats, or if it is difficult for you to subject yourself to a rigid, paralyzed and paralyzing bureaucracy, if you are not accustomed to an atmosphere where it is more important to be obedient to bureaucrats and to follow their wishes and orders without a hint of criticism than it is to do excellent work, then you should avoid Germany like the plague.

Secondly, if you do have the above personality traits, and especially if you’re somewhat older, and you come to Germany anyway and want to teach at a German university, then you should prepare yourself for endless harassment and bullying. Prepare yourself also for having everyone tell you that it’s not a question of harassment or bullying but only of “misunderstandings,” because that is the classic defense whenever anyone accuses a German university or firm of harassment or discrimination.

I’ll give the following examples of what you as an American instructor or an instructor from an Anglo-Saxon country can expect at a German university:

1. You can work for ten years as an hourly employee, and yet the bureaucrats will expect you to absent yourself from other work for which you are paid so that you can attend teachers’ conferences for which you are paid nothing. Even if you ask that your participation on these conferences be considered a gift to the university that would be tax-deductible, that too will not be permitted. In addition, you will receive no transcript of the conferences that you were forced to miss, and you will never learn what happened at these conferences.

2. Suddenly at the beginning of one semester, you will receive no formal teaching assignment and no information about it. You will also receive no information about the pay request form that is normally sent with the formal teaching assignment. Only at the end of the semester, when you finally ask someone, are you told that you are supposed to download the form from the internet and fill it out.

3. In any case, even if you submit this form on time, the payment of your fee can be delayed for months. And if you dare complain about that, you’ll be secretly punished. Then you may perhaps once again think of the famous comment by the American Admiral Rickover: “You can offend God, and he’ll forgive you. If you offend the bureaucrats, though, they will never forgive you.”

4. You can have a supervisor who for years will denigrate the university, Germany, his supervisors, and the other teachers in a way that may seem unfair to you. Then one day you will suddenly wonder what this supervisor has been saying about you to the university, to the Germans, to his supervisors, and to the other teachers.

5. Then you could perhaps feel increasingly bitter unless you have a good sense of humor and remember what a former American ambassador once told you at a meeting of the Harvard Club of Munich: “Don’t concern yourself with this country. This country committed suicide twice in the last century. Whatever the situation may or may not be now, these people are in the final analysis a hopeless case.” And if you consider the hysterical anti-Americanism and anti-Semitism that are now so widespread in Germany, it will occur to you that he was probably right.

6. You will one day try to get some information from the head of the Language Center about a possible conflict with the regulation that stipulates that a temporary instructor can teach only four courses a semester, while you’ve been asked to teach a special extra course for some American students. As a response, you’ll get the typical bureaucratic reaction, “Fine, then you don’t have to teach any of the special courses at all.”

7. You’ll try to rename your courses, so that students understand that the level of all the courses is the same, though the content differs from one semester to the next. Then a false rumor will spread that students are allowed to attend only one of your courses because the content of all of them is the same. That probably won’t matter to you anyway, because your courses are so crowded that you can’t accept all the students who want to attend your courses.

8. A false rumor will be spread, that the university will not give students credit for your courses.

9. You’ll be asked to hold a special course during the semester break, and you will be happy to do it. However, the days on which the course is supposed to be held are the same days you’ve promised to hold a course at another school. When you try to change the schedule of the courses at the Technische Universitaet, the head of the Language Center will tell you brusquely, “Fine, the administration doesn’t want you to hold these courses. Conclusion: in Germany you must always be ready, to carry out requests and demands by the authorities and by superiors, immediately, without hesitation, without asking questions, and certainly without raising any objections. Otherwise punishment will be swift in coming.

10. You will for years have to work completely independently, even when you’re not completely sure what you’re supposed to do, because the supposed head English instructor will not lift a finger to give you any advice, with one exception: when it concerns utterly unimportant matters. Then, when it’s a question of being permanently employed, your supervisor will not recommend you, rather someone else who is in every conceivable respect less qualified than you are. Or to be more precise, the person is in one respect more qualified: when bureaucrats must be satisfied and demand agreement with whatever idiotic idea they may happen to have, then this person is eminently well-qualified. After this experience you’ll know that respect for authority is alive and well in Germany and that it is absolutely fatal to enter into a dispute with the bureaucrats. Bureaucrats in this country are all-powerful, so all-powerful in fact, that they not only can but will suffocate the entire country, if things remain as they are.

11. You will one day send an updated list of your publications to the Language Center or to whichever university department you may be working for, only for their information, and they will send it back to you, dirty and crumpled, as if it had been thrown away. Probably, however, that’s not harassment, only a “misunderstanding.”

12. You will be punished simply because you have – or could have – unknowingly broken some bureaucratic rule, written or written. In other words, sometimes you’ll be punished just for good measure, because you might have done something wrong and no one noticed.

13. You will learn that the feeling for revenge among bureaucrats has no limit. For example, you will ask the university president’s assistant to access the internet course catalogue in order to confirm that one of your courses doesn’t appear in the internet. She will reply that she has no time for that. Later, however, if she doesn’t want to read your e-mail messages, she will do the following: Instead of simply blocking your messages, she will take the time to transfer every single message from the president’s account to her own e-mail account so that she can send every message back to you. However, she won’t simply send every e-mail back to you one time, but seven, eight, ten times. It apparently won’t matter how much time it costs her to do that. Revenge is everything.

14. And then, after all these experiences, people will wonder why it’s so difficult for you to “integrate” yourself with the bureaucracy and with your colleagues, who in any case are also badly treated.

15. When you send e-mail messages, faxes, or letters to the Language Center or to whatever university department you may be working in, many of these messages will again and again be “lost.” However, of course people will repeatedly apologize for these “misunderstandings.”

16. You will perhaps have the opportunity to hold a few courses at another university in Munich, if you’re working in Munich. After everything is arranged, it will perhaps occur to you that you have to begin the courses fifteen minutes later because of possible difficulties with public transportation. You will call the professor who is responsible for your courses in order to speak with him about the problem and he will become so enraged over these fifteen minutes that he hangs up on you. Apparently you’ve once again violated one or another of the Byzantine rules of German bureaucracy or the German respect for authority. You’ll be shocked, but then you’ll simply assume that the professor doesn’t want you to teach the courses that were agreed on. But no, that’s not the case. A few days later you will receive an insulting letter from this professor in which he will angrily complain about you for having not shown up for the first meeting of your courses. You’ll send a fax to the bureaucrats at your university, in order to explain the situation to them, but no one will react. Months later you will learn that this fax too was “lost” and never arrived. You will start to wonder how a university can function at all when it seems as if everything second message is lost, or supposedly lost.

17. You will receive an invitation to an “important” conference with the university administration, an invitation that will be receive less than eighteen hours before this “important” conference is scheduled to begin. If you’re out of town or if you’d suffer a financial loss by participating in this conference, because you’d have to be absent from another position for which you’re being paid, then of course you’ll have no opportunity to participate in this important conference. In addition, you will notice that in the first invitation to this important conference a meeting time was mentioned but oddly enough no room number was given. Then, however, you’ll receive another invitation in which a place for the meeting is mentioned, but now a different time. You will at the same time be informed that there will be a meeting before the conference in order to discuss the conference, a meeting to which you will not be invited. You will perhaps wonder why you should try to participate in such a conference, although you know that it probably violates some unwritten rule even to utter such a question silently to yourself. You won’t have to wait very long for your punishment, though: you will never receive a transcript of this “important” conference.

After all of these experiences, you’ll probably remember the words of a former American ambassador, already quoted, and you’ll wonder whether German universities, with their unusual bureaucratic behavior, can be ever be saved at all, whether they even have any future at all. You’ll perhaps also wonder whether Germany itself can be saved and has a future. In particular, you’ll remember once again what the ambassador said to you: that this country had already committed suicide twice in the last century and you’ll then perhaps ask yourself if this country could do the same thing once again in this century.

You’ll probably also think that what happens at the Technische Universitaet Muenchen is very probably not an isolated case. It must be repeated countless times every day at every university in Germany, with corresponding consequences for the intellectual life of this country.

In closing, I’d like to emphasize that I have taught myself German, and I know that despite the fact that I’m a Harvard graduate, the German version of this letter must unfortunately be full of grammar mistakes as well as other kinds of errors.

I hope that at least a part of what I’ve written here is comprehensible, though of course everything I’ve stated is only a matter of opinion – my opinion and that of others as well.

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Munich

Germany

E-Mail: robert_john_bennett@hotmail.com

Telephone: +49.89.981.0208

“The English historian Cyril Parkinson observes that bureaucracies grow even when they have less and less to do. The British Admiralty serves as an example: at a time when the number of British battleships fell by a third, the personnel at the Admiralty grew by nearly 80 percent. Parkinson could have also found an example in Germany: from 1965 to 1984 the federal Ministry of Food, Agriculture, and Forestry increased its staff by a third, even though the number of people employed in agriculture, forestry, and fishing decreased by half.

“The theory of bureaucracy demonstrates that officials are interested above all in an increase in the number of positions that report to them, because every increase in areas of responsibility, finance, and personnel increases their power and prestige.

“Bureaucracies grow simply because they are there, or because they have already grown in the past. The reason is easy to grasp. Each newly created bureaucracy represents an interest group that immediately begins to promote its own interests with every means at its disposal. It is therefore much easier to found a new organization that to dismantle it. Each increase enlarges the organization’s influence. The political balance is changed, and a self-perpetuating dynamic comes into existence.”

–Roland Vaubel, „Die wirren Gesetze der Eurokraten,“ Die Zeit, 32/2002.

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“When we met in Warsaw, Anna Seghers spent a lot of time with me . . . . Our conversation lasted about two hours . . . . Finally we came round to the subject of “The Seventh Cross.” . . . My sincerity was total, absolute, as I praised the literary form of that novel.

–Marcel Reich-Ranicki, „Mein Leben“

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“Yesterday afternoon at the delicatessen where I work, the ants got into the sugar bowl. By the end of the day, the sugar bowl was empty, and the ants had moved all the sugar to the other end of the shop. Each one of them did his own little job. Together they emptied the whole sugar bowl . . . . They can’t kill all the ants, can they?”

–Member of the underground in the film version of “The Seventh Cross,” MGM, 1944, screenplay by Helen Deutsch, from the novel by Anna Seghers.

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“I know that no matter how cruelly the world strikes at the souls of men, there is a God-given decency in them that will come out if it gets half a chance. And that’s the hope of the human race. That’s the faith we must cling to, the only thing that’ll make our lives worth living.”

–Resistance fighter in the film version of “The Seventh Cross,” MGM, 1944, screenplay by Helen Deutsch, from the novel by Anna Seghers.

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DEUTSCHE FASSUNG

2 SEPTEMBER 2002, DONNERSTAG, MÜNCHEN, DEUTSCHLAND.

Sehr geehrte Damen und Herren,

viele Leute werden alles, was ich hier schreibe, für eine große Übertreibung halten, vielleicht auch sogar für eine Art Beleidigung deutscher Universitäten. Ich kann darauf nur erwidern, dass ich neulich einen Abend mit ein paar Bekannten, Deutschen und Amerikanern, verbracht habe, die sich mit Bildung auf einer sehr hohen Ebene in Deutschland und in Amerika beschäftigen. Am Anfang dieses Abends, als meine Bekannte über Bildung in Deutschland diskutierten, hatte ich den Eindruck, sie sprachen über ein Deutschland, das ganz anders sei, als das Deutschland, das ich kenne. Dieser Eindruck war jedoch nur oberflächlich. Im Laufe des Abends wundert es mich sehr zu bemerken, dass einer oder der andere dieser Leute allmählich anfing, Meinungen zu äußern, die dieselbe wie meine Meinungen waren, über die deutsche Demokratie, die deutsche Bildungssystem, die deutschen Universitäten und die deutsche Behörden.

Sie werden diesen Brief ziemlich oft in den kommenden Jahren bekommen, weil ich versuchen will, so viele Menschen wie möglich jeden Tag daran zu erinnern, was es bedeuten kann, an einer deutschen Universität zu unterrichten.

Erstens, ob Sie promoviert haben oder nicht, ob Sie viele Erfahrungen gemacht haben oder nicht, ob Sie ein Buch oder viele Artikel veröffentlicht haben oder nicht, ob Ihre Kurse gut besucht werden oder nicht, ob Sie als Lehrer populär sind oder nicht, machen Sie sich darauf gefasst, meine Damen und Herren, an deutschen Universitäten diskriminiert zu werden, mindestens der Meinung vieler Menschen nach.

Zum Beispiel, im Sprachenzentrum der Technischen Universität München, wo ich arbeite, gab es eine freie Stellung als Lektor oder Lektorin. Unter den Lehrbeauftragten des Sprachenzentrum befindet sich einer, der promoviert hat, zusammen mit einem anderen, der Absolvent von Harvard ist und ein Buch und und viele kurze Artikel veröffentlicht hat, und eine Englischlehrerin, die jahrelang Mediziner unterrichtet hat. Die Kurse, die diese Lehrer gehalten haben, sind nicht nur gut besucht sondern im manchen Fall überfüllt. Gleichzeitig aber gab es auch eine Lehrbeauftragte, die nicht promoviert hat, die bis jetzt nichts veröffentlicht hat, die weniger Erfahrung als Universitätslehrerin hat als die andere, und weniger Erfahrung als Fachsprachenlehrerin als die andere, und deren Kurse nicht besonders gut besucht werden, und die nicht besonders populär mit den Studenten ist.

Und wie war die Entscheidung getroffen, die freie Stelle als Lektor oder Lektorin zu besetzen? Natürlich im Geheimen. Niemand ist informiert worden, dass die Stelle sogar frei war, also konnte niemand sich darum bewerben, und selbstverständlich hatte niemand die Chance, ein Vorstellungsgespräch zu machen.

Und wer füllt diesen Posten jetzt aus? Weder der promovierte Lehrbeauftragter, noch der Harvard-Absolvent, der ein Buch und zahlreiche kurze Artikel veröffentlicht hat und deren Kurse normalerweise überfüllt sind, weder die Frau die jahrelang Mediziner unterricht hat. Nein, die Lehrbeauftragte, die keinen Doktortitel hat, die weniger Erfahrung als Universitätslehrerin hat als die andere, und weniger Erfahrung als Fachsprachenlehrerin hat als die andere, und deren Kurse nicht besonders gut besucht werden, und die nicht besonders populär mit den Studenten ist, selbstverständlich füllt diese Person den Posten aus.

Und der Grund dafür, dass dieser Mensch zu dieser Stellung ernannt wurde? Man wurde informiert, es sei die Tatsache, dass er viele Erfahrung mit englischer „Fachsprache“ hat, obwohl er kaum einen Kurs darin gehalten hat, und überhaupt nicht so viele Kurse darin, wie die anderen Lehrer.

Wenn aber man lang genug in Deutschland gelebt hat, ist so etwas überhaupt keine Überraschung.

In Bayern, zum Beispiel, der Meinung vieler Menschen nach, ist es ganz normal, dass die Politiker die Universitäten zwingen, jemanden zu einer Stelle zu ernennen, der nicht besonders qualifiziert ist – manchmal überhaupt nicht qualifiziert – sondern der ein Freund der Politiker ist, oder der Universitätsbürokraten.

Diejenigen, die in Bayern wohnen und arbeiten, wissen sehr gut, was ich meine.

Und doch wundert es die Deutschen sehr, dass ihre Universitäten auf einem relativ niedrigen Niveau bleiben, und dass beinahe die einzigen ausländischen Studenten, die die deutschen Universitäten besuchen wollen, Menschen aus Entwicklungsländern sind.

Gleichzeitig aber können viele Deutsche überhaupt nicht verstehen, warum die wirklich talentierten Deutschen nach Amerika gehen, um Nobelpreise zu gewinnen oder erstrangige naturwissenschaftliche Untersuchungen an Universitäten wie M.I.T., Harvard oder Stanford durchzuführen.

Viele Amerikaner, die in Deutschland wohen und unterrichten, wissen, was ich meine.

Wenn Sie amerikanischer oder englischer Professor sind und sich an die intellektuelle Freiheit gewöhnt haben, die an angelsächsischen Universitäten gang und gäbe ist, wenn Sie Querdenker sind, oder wenn Sie glauben, dass Universitäten um der Lehrkräfte und der Studenten willen und nicht um der Bürokraten willen existieren sollten, oder wenn es Ihnen schwerfällt, sich einer starren, gelähmten und lähmenden Bürokratie zu unterwerfen, wenn Sie sich nicht an eine Atmosphäre gewöhnt haben, wo es wichtiger ist, den Bürokraten gehorsam zu sein und ihre Wünsche und Befehle absolut kritiklos zu befolgen, als ihre Arbeit exzellent durchzuführen, dann sollten Sie deutsche Universitäten wie die Pest meiden.

Zweitens, wenn Sie die oben erwähnten Charaktereigenschaften haben und insbesondere wenn Sie etwas älter sind und trotzdem nach Deutschland kommen und an einer deutschen Universität unterrichten wollen, dann sollten Sie sich auf endlose Schikane und Mobbing gefasst machen. Machen Sie sich auch darauf gefasst, dass alle Ihnen sagen werden, dass es nicht um „Schikane“ oder „Mobbing“ geht, sondern nur um „Missverständnisse,“ was die klassische Verteidigung ist, wenn man einer deutschen Universität oder Firma Schikane oder Diskriminierung vorwirft.

Ich lege die folgenden Beispiele von „Missverständisse“ dar, die Sie als amerikanischer Lehrbeauftragter oder Lehrbeauftragter aus einem anderen angelsächsischen Land an einer deutschen Universität, erwarten kann:

1. Sie können zehn Jahre lang stundenweise bezahlt werden, aber trotzdem werden die Bürokraten erwarten, dass Sie Ihren anderen, bezahlten Tätigkeiten fernbleiben und Dozentenkonferenzen besuchen sollten, für die Sie überhaupt nicht entschädigt werden. Sogar wenn Sie darum bitten, dass die Teilnahme an diesen Konferenzen als ein Geschenk an die Universität betrachtet werde, das Sie steuerlich absetzten können, wird das auch nicht erlaubt werden. Außerdem werden Sie überhaupt keine Protokolle der Konferenzen empfangen, die Sie versäumen mussten, und Sie werden niemals erfahren, was an diesen Konferenzen passiert ist.

2. Plötzlich, am Anfang irgendeines Semesters werden Sie keinen Lehrauftrag entgegenkommen, und Sie werden keine Auskünfte darüber bekommen. Ebenfalls werden Sie keine Auskünfte über die Notwendigkeit empfangen, das „Erklärungsformular für Lehrbeauftrage“ von dem Internet herunterzuladen. Um bezahlt zu werden, brauchen Sie dieses Formular auszufüllen, aber natürlich wird niemand Sie darüber informieren.

3. Auf jeden Fall, auch wenn Sie dieses Formular rechtzeitig einreichen, kann Ihr Lohnauszahlung mehrere Monaten verzögert werden. Und wenn Sie es wagen, sich darüber zu beklagen, werden Sie dafür heimlich bestraft werden. Dann werden Sie sich vielleicht noch einmal an den bekannten Spruch vom amerikanischen Admiral Rickover erinnern: „Du kannst bei dem Herrn Gott Anstoß erregen, und er wird dir verzeihen. Wenn du aber bei den Bürokraten Anstoß erregen, werden sie dir niemals verzeihen.“

4. Sie können einen Vorgesetzten haben, der jahrelang schlecht über die Universität, über Deutschland, über seine Vorgesetzte und über andere Lehrer sprechen wird, auf eine Art und Weise, die Ihnen vielleicht etwas unfair scheint. Dann eines Tages werden Sie sich plötzlich fragen, was dieser Vorgesetzter der Universität, den Deutschen, seinen Vorgesetzten und anderen Lehrern von Ihnen sagt.

5. Dann könnten Sie vielleicht immer verbitterter werden, es sei denn, Sie einen guten Sinn für Humor haben und sich daran erinnern, was ein ehemaliger amerikanischer Botschafter dir einmal bei einem Treffen von dem Harvard Club München gesagt hat: „Kümmern Sie sich nicht um dieses Land. Dieses Land hat zweimal im letzten Jahrhundert Selbstmord begangen. Egal wie die Lage hier jetzt sein mag oder nicht sein mag, ist dieses Volk zu guter Letzt ein hoffnungsloser Fall.“ Und wenn Sie an den hysterischen Antiamerikanismus und Antisemitismus, die jetzt in Deutschland so sehr verbreitet sind, betrachten, werden Sie denken, dass er wahrscheinlich Recht hat.

6. Sie werden eines Tages versuchen, bei der Chefin des Sprachenzentrums eine anscheinende Unvereinbarkeit aufzuklären, zwischen der Vorschrift, die festlegt, dass ein Lehrbeauftragter nur vier Kurse pro Semester halten darf, und dem Verlangen, dass Sie zusätzliche besondere Kurse für amerikanische Studenten halten. Sie werden als Reaktion die typische bürokratische Antwort bekommen: „Also gut, dann brauchen Sie diese besondere Kurse überhaupt nicht halten.“

7. Sie werden es versuchen, Ihre Kurse umzubenennen, damit die Studenten verstehen werden, dass das Niveau aller Kurse dasselbe ist, obwohl der Inhalt unterschiedlich ist, von einem Semester zum anderen. Dann wird das falsche Gerücht unter allen verbreitet werden, dass die Studenten nur einen Ihrer Kurse besuchen dürfen, weil der Inhalt von allen Kursen derselbe ist. Das wird Ihnen wahrscheinlich sowieso egal, weil Ihre Kurse jetzt so überfüllt sind, dass Sie nicht alle Studenten aufnehmen können, die Ihre Kurse besuchen wollen.

8. Ein falsches Gerücht wird auch verbreitet werden, dass die Universität nicht Ihre Kurse anerkennen wird.

9. Sie werden verlangt, einen besonderen Kurs während der Semesterferien zu halten, und das würden Sie sehr gern machen. Die Tagen aber, an denen der Kurs gehalten werden sollte, sind dieselben Tagen, an denen Sie schon versprochen haben, einen Kurs in einer anderen Schule zu halten. Wenn Sie versuchen, den Zeitplan der Kurse an der Technischen Universität zu ändern, wird die Chefin des Sprachenzentrums Ihnen schroff sagen, „Na gut, die Verwaltung will nicht, dass Sie diese Kurse halten sollten.“ Fazit: In Deutschland muss man immer bereit sein, Bitten und Forderungen der Obrigkeiten und Vorgesetzten sofort auszuführen, ohne zu verzögern, ohne Fragen zu stellen, und bestimmt ohne Einwände dagegen zu erheben, sonst folgt eine harte Strafe auf dem Fuße.

10. Sie werden es jahrelang im Alleingang tun müssen, auch wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, was Sie tun sollten, weil der sogenannte Chef der Englischlehrer keinen einzigen Finger rühren wird, um dir zu raten, mit einer einzigen Ausnahme: Wo es um völlig unwichtige Angelegenheiten geht. Dann, wenn es darum geht, fest angestellt zu sein, wird er nicht Sie empfehlen, sonder eine andere Person, die in allen denkbaren Bereichen weniger qualifiziert ist als Sie. Oder genauer gesagt ist diese Person wahrscheinlich in einem Bereich qualifizierter: Wo es darum geht, Bürokraten zufrieden zu stellen und mit ihnen immer übereinzustimmen, egal welche idiotische Idee sie haben mögen, ist diese Person hervorragend qualifiziert. Nach dieser Erfahrung werden Sie wissen, dass das Obrigkeitsdenken gesund und munter in Deutschland ist und dass es absolut fatal ist, sich mit Bürokraten zu streiten, weil die Bürokraten in diesem Land allmächtig sind, eigentlich so allmächtig, dass sie alle Universitäten und sogar das ganze Land nicht nur ersticken können sondern ersticken werden, wenn alles so bleibt, wie es ist.

11. Sie werden eines Tages dem Sprachenzentrum, oder welcher auch immer Universitätsabteilung, wo Sie arbeiten, ein aktualisiertes Schriftenverzeichnis zuschicken, zu ihrer Information, und man wird Ihnen dieses Schriftenverzeichnis zurückschicken, schmutzig, zerknittert, als ob man es weggeschmissen hätte. Aber wahrscheinlich ist das auch keine Schikane, sondern nur noch ein „Missverständnis.“

12. Sie werden bestraft dafür, dass Sie unwissend gegen irgendeinen bürokratischen Regel, geschrieben oder ungeschrieben, verstoßen haben oder haben verstoßen können. Anders gesagt, manchmal werden Sie nur sicherheitshalber bestraft, weil es möglich ist, dass Sie vielleicht etwas falsches gemacht haben, und niemand hat es gesehen oder darum gewusst.

13. Sie werden erfahren, das Gefühl für Rache unter Bürokraten grenzenlos ist. Zum Beispiel werden Sie die Assistentin des Präsidenten darum bitten, auf das Internet-Vorlesungsverzeichnis zuzugreifen, um festzustellen, dass einer Ihrer Kurse nicht im Internet erscheint. Sie wird erwidern, dass sie kein Zeit dafür habe. Zu einem späteren Zeitpunkt aber, wenn sie Ihre Nachrichten nicht lesen will, wird sie Folgendes machen. Anstatt Ihre Nachrichten einfach zu blockieren, wird sie sich die Zeit nehmen, jede einzelne Nachricht vom E-Mail-Konto des Präsidenten nach ihrem eigenen E-Mail-Konto zu verlegen, damit sie Ihnen jede einzelne E-Mail zurückschicken zu können. Jede E-Mail aber wird sie Ihnen nicht nur einmal zuschicken, sondern sieben, acht, zehn Male zu. Es wird anscheinend egal sein, wie viel Zeit das kosten könnte. Rache ist alles.

14. Und dann, nach all diesen Erfahrungen, wird man sich darüber wundern, dass es Ihnen schwerfällt, sich mit der Bürokratie und mit Ihren Kollegen, die in jedem Fall auch sehr schlecht behandelt werden, zu „integrieren.“

15. Immer wieder, wenn Sie dem Sprachenzentrum oder welcher auch immer Universitätsabteilung, wo Sie arbeiten, E-Mails, Faxen oder Briefe zuschicken, werden vielen von diesen Nachrichten einfach „verlorengehen.“ Man wird sich aber natürlich für diese immer wiederholten „Missverständnisse“ entschuldigen.

16. Sie werden vielleicht die Angelegenheit bekommen, ein paar Kurse an einer anderen Universität in München, zu halten, wenn Sie in München arbeiten. Nachdem alles arrangiert ist, wird es Ihnen vielleicht einfallen, dass Sie mit den Kursen fünfzehn Minuten später beginnen müssen, wegen eventuellen Schwierigkeiten mit dem öffentlichen Verkehrsmittel. Sie werden den zuständigen Professor anrufen, um mit ihm darüber zu sprechen, und er wird plötzlich über diese fünfzehn Minuten so wütend werden, dass er einfach einhängt. Anscheinend haben Sie noch einmal gegen irgendeinen byzantinischen Regel der deutschen Bürokratie oder des deutschen Obrigkeitsdenken verstoßen. Sie werden schockiert sein, aber dann werden Sie einfach davon ausgehen, dass der Professor nicht will, dass Sie die vereinbarten Kurse halten sollten. Aber nein, das ist nicht der Fall. Ein paar Tagen später werden Sie einen Schmähbrief von diesem Professor empfangen, in dem er Sie deswegen zornig rügen wird, dass Sie nicht zum ersten Treffen der Kurse erschienen sind. Dann werden Sie ein Fax den Bürokraten Ihrer Universität zuschicken, um die Lage zu erklären, aber niemand darauf reagiert. Mehrere Monaten später werden Sie erfahren, dass auch dieses Fax „verlorengegangen“ und nicht angekommen ist. Sie werden beginnen, sich zu fragen, wie eine Universität überhaupt funktionieren kann, wenn es scheint, als ob jede zweite Nachricht verlorengeht, oder angeblich verlorengeht.

17. Sie werden eine Einladung zu einer „wichtigen“ Konferenz mit der Hochschulleitung empfangen, eine Einladung, die weniger als 18 Stunden vor dieser „wichtigen“ Konferenz empfangen werden wird. Wenn Sie verreist sind oder wenn Sie wegen Ihrer Anwesenheit an dieser Konferenz einen finanziellen Verlust erleiden müssen, weil Sie einer anderen bezahlten Stellung fernbleiben müssen, werden Sie natürlich keine Chance haben, an dieser sehr wichtigen Konferenz teilzunehmen. Außerdem, werden Sie bemerken, dass in der ersten Einladung zu dieser wichtigen Konferenz eine Uhrzeit zwar erwähnt wird, sondern komischerweise keinen Treffpunkt. Dann aber werden Sie ein paar Stunden später eine zweite Einladung bekommen, in der man Sie über den Treffpunkt informiert, sondern über eine andere Uhrzeit. Man wird Sie gleichzeitig auch informieren, dass es vorher eine Besprechung über den Inhalt dieser Konferenz geben wird, zu der Sie nicht eingeladen sind. Sie werden sich vielleicht fragen, warum Sie sich bemühen sollten, an einer solchen Konferenz teilzunehmen, obwohl Sie wissen, dass es wahrscheinlich ein Verstoß gegen irgendeinen ungeschriebenen Regel ist, sich eine solche Frage sogar lautlos zu stellen. Sie werden aber nicht lange auf Ihre Strafe warten müssen: Sie werden niemals ein Protokoll von dieser „wichtigen“ Konferenz entgegennehmen.

Nach all diesen Erfahrungen, werden Sie sich wahrscheinlich an den schon zitierten Worten des ehmaligen amerikanischen Botschafters erinnern und sich fragen, ob die deutschen Universitäten, mit ihren merkwürdigen bürokratischen Handlungsweise überhaupt zu retten sind, ob sie überhaupt eine Zukunft haben. Sie werden sich vielleicht auch fragen, ob Deutschland selbst zu retten ist und eine Zukunft hat. Sie werden sich insbesondere noch einmal daran erinnern, was der Botschafter Ihnen sagte, nämlich, dass dieses Land schon zweimal im letzten Jahrhundert Selbstmord begangen habe und Sie werden sich dann vielleicht fragen, ob dieses Land auch in diesem Jahrhundert ein drittes Mal dasselbe tun könnte.

Sie werden wahrscheinlich auch daran denken, dass das, was an der Technischen Universität München passiert, höchstwahrscheinlich kein einmaliger Fall ist. Es muss sich jeden Tag an jeder Universität in Deutschland unzählige Male wiederholen, mit entsprechenden Konsequenzen für das intellektuelle Leben dieses Landes.

Zum Schluss möchte ich es betonen, dass ich Autodidact bin, wo es um die deutsche Sprache geht, und ich weiß, dass, obwohl ich meinen Universitätsabschluss in Harvard gemacht habe, dieser Brief leider voll von grammatischen und anderen Fehlern sein muss.

Ich hoffe, dass mindestens ein Teil davon, was ich hier geschrieben habe, verständlich ist, obwohl selbstverständlich alles, was ich erklärt habe, nur meine Meinung ist, aber die Meinung vieler anderen Menschen auch.

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Munich

Germany

E-Mail: robert_john_bennett@hotmail.com

Telephone: +49.89.981.0208

„Von dem englischen Historiker Cyril Parkinson stammt die Beobachtung, dass Bürokratien wachsen, selbst wenn sie immer weniger zu tun haben. Als Beispiel diente ihm die britische Admiralität: In einer Zeit, da die Zahl der britischen Schlachtschiffe auf ein Drittel fiel, wuchs das Personal der Admiralität um fast 80 Prozent. Er hätte auch ein Beispiel aus Deutschland nehmen können: Von 1965 bis 1984 erhöhte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten seinen Personalbestand um ein Drittel, obwohl sich die Zahl der Erwerbstätigen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei mehr als halbierte.

Aus der Bürokratietheorie ist bekannt, dass die Beamten vor allem am Wachstum ihrer Ämter interessiert sind, denn jeder Zuwachs an Kompetenzen, Mitteln und Personal vergrößert ihre Macht und ihr Prestige.

Bürokratien wachsen, einfach weil sie da sind oder weil sie schon in der Vergangenheit gewachsen sind. Der Grund ist leicht einzusehen. Jede neu geschaffene Bürokratie ist eine Interessengruppe, die sofort mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, das eigene Organisationsinteresse durchzusetzen. Deshalb ist es viel leichter, eine neue Organisation zu gründen, als sie wieder abzuschaffen. Jedes Wachstum vergrößert ihren Einfluss. Das politische Gleichgewicht ist verändert, es entsteht eine Eigendynamik.“

– Roland Vaubel, „Die wirren Gesetze der Eurokraten,“ Die Zeit, 32/2002.

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“Als wir uns in Warschau trafen, nahm sich Anna Seghers viel Zeit für mich . . . . Unser Gespräch dauerte rund zwei Stunden . . . . Schließlich kamen wir zum „Siebten Kreuz“. Ich rühmte, ganz und gar aufrichtig, die novellistische Komposition des Romans.“

–Marcel Reich-Ranicki, „Mein Leben“

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„Gestern nachmittag, im Delikatessengeschäft, wo ich arbeite, kamen die Ameisen in die Zuckerschale. Bis zum Ende des Tages war die Zuckerschale leer. Die Ameisen hatten all den Zucker an die andere Seite des Geschäfts gebracht. Jede von ihnen hat ihre eigene kleine Arbeit gemacht. Zusammen haben sie die ganze Zuckerschale geleert. . . . Die können nicht all die Ameisen töten, nicht wahr?“

–Mitglied des Untergrunds im Film „Das Siebte Kreuz,“ MGM, 1944, Drehbuch von Helen Deutsch, nach dem Roman von Anna Seghers.

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„Egal welch einen grausamen Schlag die Welt den Seelen der Menschen versetzen mag, weiß ich, dass es eine gottgegebene Anständigkeit in ihnen gibt, die erscheinen wird, wenn sie nur die geringste Chance hat. Und das ist die Hoffnung der Menschheit. Das ist der Glaube, an den wir uns klammern müssen. Das ist das Einzige, was unsere Leben lebenswert macht.“

–Widerstandkämpfer im Film „Das Siebte Kreuz,“ MGM, 1944, Drehbuch von Helen Deutsch, nach dem Roman von Anna Seghers

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