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Letter from Munich – 002

Letter from Munich – the Joseph Affair – 2

Eine deutsche Fassung, so gut wie der amerikanische Autor sie machen kann, steht weiter unten.

Dear Mr. Graf, dear friends,

In the United States a Marine colonel orders his subordinates to lie in order to cover up maintenance failures that have caused the deaths of numerous soldiers flying in the Osprey aircraft. In the Ukraine voice recordings surface of that country’s President ordering the assassination – ultimately carried out successfully – of a bothersome journalist.

And in the German state of Saxony? In the German state of Saxony we have Prime Minister Kurt Biedenkopf apparently now seeking to protect his corrupt former justice minister and trying to punish the government official, Thomas Giesen, who first revealed the corruption.

At the same time, many people profess to believe that a statesman like Biedenkopf would be incapable of ordering a cover-up of the circumstances surrounding the death of the boy Joseph Kantelberg-Abdulla. Joseph was, from all indications, murdered by neo-Nazis three years ago. When his mother and father finally succeeded in bringing this to the attention of the public and to the highest government officials in Berlin, including German Chancellor Gerhard Schroeder himself, a destructive public relations campaign was set in motion. Witnesses were intimidated. Biedenkopf imperiously threatened the media with a DM 50 million lawsuit. Police “protection” was given to the home and business of the boy’s parents, “protection” that extended to keeping the media away, as the boy’s father was told by one policeman who still has a conscience.

The result? Journalists in Germany, who have long been known for their hard-hitting and fearless investigative activities and their refusal to be frightened into silence, all suddenly began talking to each other instead of to the murdered boy’s parents or to witnesses of the boy’s death. They all, mirabile dictu, as if by a happy coincidence, all began parroting the line of the government of Saxony: that the boy’s mother was ill, that witnesses were induced to state that they had seen the boy killed, that the entire affair was simply an hysterical fantasy.

A small cloud on the horizon, this Joseph Affair. But does the federal government concern itself with the rise of neo-Nazism in Germany, or with the warnings of Jewish leaders about the desecration of synagogues and Jewish cemeteries, or with the endless attacks on those who are visibly foreign?

No, my friends, the federal German parliament in Berlin has for the past week concerned itself with peccadillos that the German foreign minister committed in the early seventies as a young member of a radical group. A right-wing radical group? Of course not. Few “real Germans” have ever worried much about right-wing radical groups. Foreign Minister Joschka Fischer didn’t beat homeless old men to death, he didn’t attack or murder Vietnamese immigrants, he didn’t burn synagogues or paint swastikas on Jewish gravestones. Those things we could overlook.

Fischer attacked some policemen. Thirty years ago.

Now that’s something for the poor people of Germany to worry about. That’s much more important than discovering the truth about the death of a six-year old boy, Joseph Kantelberg-Abdulla, murdered three years ago by neo-Nazis.

Anyway, that’s just a fantasy, isn’t it?

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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Since many recipients of this letter may read German more easily than they read English, the following is the author’s own somewhat translation of the above letter, a translation that is as good as he can make it. Please note that word-processing programs outside of German-speaking countries may not display all of the letters of the German alphabet correctly.

Und ich bitte vielmals um Entschuldigung bei meinen zahlreichen engen deutschen Freunden, falls dieser Brief zu kritisch ist. Es tut mir leid, aber diese Affäre Joseph, und alles, was sie bedeutet, finde ich empörend, genauso wie mit völlem Recht Sie das oft empörend finden, was wir Amerikaner tun. RJB

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrte Freunde,

In den Vereinigten Staaten, befiehlt ein Oberst bei der Marineinfanterie seinen Untergebenen zu lügen, um Wartungsfehler zu vertuschen, die die Tode zahlreicher Soldaten verursachten, die in einem neuen Flugzeug, das „Osprey“, geflogen sind. In der Ukraine tauchen Aufzeichnungen auf, wo man den ukrainischen Präsidenten sagen hört, als er den Mord eines lästigen Journalisten anordnet, einen Mord, der schließlich begangen wurde.

Und in Sachsen? In Sachsen haben wir den Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, der jetzt anscheinend versucht, seinen korrupten ehemaligen Justizminister zu schützen und einen Beamten, Thomas Giesen, zu bestrafen, der die Korruption enthüllte.

Jetzt gleichzeitig behaupten viele Leute, dass sie glauben, ein Staatsmann wie Biedenkopf unfähig sei, zu befehlen, dass die Umstande, die den Tod des Kindes Joseph Kantelberg-Abdulla umgeben, vertuscht werden sollten. Allem Anschein nach wurde Joseph vor drei Jahren von Neonazis ermordet. Als seine Mutter und Vater es endlich schafften, die breite Öffentlichkeit und die höchsten Behörden in Berlin, mit Bundeskanzler Schröder, auf den Mord aufmerksam zu machen, wurde eine destruktive Publicrelations-Kampagne in Gang gesetzt. Zeugen wurden eingeschüchtert. Herrisch drohte Biedenkopf den Medien ein Prozess an, wobei er einen Schadenersatz von DM 50,000,000 verlangen würde. Die Familie und deren Geschäft wurden in „Schutz“ der Polizei genommen, einen Schutz, der derart ausgedehnt wurde, dass die Medien verscheucht wurden, wie ein Polizist, der immer noch ein Gewissen hat, dem Vater sagte.

Das Ergebnis? Journalisten in Deutschland, die seit langem als Menschen bekannt sind, die alle verdächtigen Aktivitäten schonungslos und furchtlos untersuchen und die niemals eingeschüchtert werden können, alle fingen plötzlich an, miteinander zu sprechen, statt mit den Eltern des ermordeten Kindes oder mit Zeugen des Todes des Kindes. Alle, mirabile dictu, als ob durch einen glücklichen Zufall, alle fingen an, die Parteilinie der sächsischen Regierung nachzuplappern, dass die Mutter des Kindes krank sei, dass die Zeugen durch die Bemühungen der Eltern dazu gebracht worden seien, ihre Stellungnahmen über den Tod Josephs abzugeben, und dass die ganze Affäre ein hysterisches Hirngespinst sei.

Eine kleine Wolke am Horizont, diese Affäre Joseph. Aber beschäftigt sich die Bundesregierung mit dem Aufstieg Neonazismus in Deutschland, oder mit den Warnungen der jüdischen Führung vor der Schändung von Synagogen und von jüdischen Friedhöfen? Beschäftigt sich die Bundesregierung mit den unzähligen Angriffen gegen diejenigen, die sichtlich Fremde sind?

Nein, meine Freunde, der Bundestag der Bundesrepublik Deutschland seit einer Woche beschäftigt sich mit den Jugendsünden und leichten Verfehlungen, die der deutsche Außenminister als Mitglied einer Gruppe von Radikalen in den frühen 70-er Jahren begangen hat. Eine Gruppe von Rechtsextremisten? Selbstverständlich nicht. Wenige „echte Deutsche“ kümmern sich oft um Gruppen von Rechtsextremisten. Der Außenminister hat keine alten obdachlosen Männer totgeprügelt, er hat keine vietnamesischen Einwanderer angegriffen oder ermordet, er hat keine Synagogen angezündet oder keine jüdischen Grabsteine mit Hakenkreuzen angestrichen. Über solche Dinge könnten wir hinwegsehen.

Herr Fischer hat einigen Polizisten angegriffen. Vor dreißig Jahren.

Nun denn! Hier haben wir eine Sache, um die die armen Leute, die Deutschland bevölkern, sich kümmern können. Diese Sache ist viel wichtiger, als die Wahrheit über den Tod eines sechsjähriger Kindes, Joseph Kantelberg-Abdulla zu entdecken, der vor drei Jahren von Neonazis ermordet worden ist.

Auf jeden Fall ist das nur ein Hirngespinst, oder?

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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