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Letter from Munich – 034

Letter from Munich – the Joseph Affair – 34

EINE DEUTSCHE FASSUNG STEHT WEITER UNTEN.

31 August 2001

Dear Mr. Graf, dear friends,

A continuation of the letter of last week:

After a pause, she went on, “Why do they take a threat like Biedenkopf’s seriously? And after all the recent scandals and bizarre findings of district attorneys, why don’t the media and the public question their findings? For one thing, the free press in Germany is far less free than in the United States. Why do Germans allow themselves to be so intimidated? Many would say it is part of their still deeply ingrained culture of obedience to, and respect for, authority.”

Alexandra smiled sadly. “The Germans, with all their endearing qualities,” she said, “and they do have many, remain a nation who are still, fifty-six years after the collapse of the Third Reich, easily intimidated. Especially as an individual, isolated from any group, a German still has an abiding respect for, and fear of, authority, despite what unthinking obedience to authority did to this country twice in the last century. It is a respect and fear that may in the end be incomprehensible without actually experiencing daily life in Germany, for Germans live in a society that is so strictly, but subtly, hierarchical, that the average American, separated from any American institutions, might find life here intolerable. In Germany, one still takes orders from those above and gives them to those below”.

She was thoughtful for a moment. “Of course Germany is a democracy, people here will tell you, but it’s a democracy where government and politics are really too complicated for the average person to be concerned with. There may have been a different attitude in the late sixties, but people were too radical then. It is better to leave matters of governance and politics to those ‘up there’, who know more about such things.”

“I couldn’t agree more,” said another friend, who had been silent up to now. “All of this is of course even truer in the eastern part of the country, where the Kantelberg-Abdullas lived. Germans there have known only a brief period of democracy, in the early twentieth century. Before that, their experience extended only to imperial monarchy; and since then, people in the “new states” knew only two successive dictatorships before becoming part of the Federal Republic a relatively short time ago. In my opinion, many Germans, especially those in the eastern part of the country, will react submissively to the slightest indication of what the authorities want. I would even say that Germans in the east, in the ‘new states,’ still appear to react to the police and government officials in a way that is surprisingly similar to what one would have expected in the GDR.”

“Thus the compliance with Biedenkopf’s wishes is understandable,” Alexandra added, “but why does the government in Saxony resort to the measures it has used in the case of the Kantelberg-Abdullas? There could be many reasons, one of which may be simply that the original investigation of the child’s death was superficial and full of errors, but no German bureaucrat or official will admit to having made a mistake, unless he absolutely must. It would undermine his authority. The original investigation must be shown to have been correct. An additional reason for the government’s behavior may be that even if Kurt Biedenkopf has no ambition to become the next German president, no state prime minister in this country can easily admit that large numbers of neo-Nazis exist in areas under his authority. Moreover, to admit that such individuals exist and would go to the extreme of murdering a child is too much of a defeat for any state prime minister. He therefore reaches the conclusion that it simply did not happen, and in Germany, what the person in charge decides is true, is true, whether it corresponds to reality or not. Everyone else falls into line, including the district attorneys and the forensic specialists.”

Naturally, being a simple man, I was shocked by all these strange opinions and ideas and could never support them myself. I think they just couldn’t be true.

This letter will be continued next week.

Sincerely yours,

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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Since many recipients of this letter may read German more easily than they read English, the following is the author’s own translation of the above letter. Please note that word-processing programs outside of German-speaking countries may not display all of the letters of the German alphabet correctly.

Bitte vergessen Sie nicht, dass der Autor dieses Briefes Autodidakt ist, was die deutsche Sprache betrifft, und er weiß, dass die folgende Übersetzung viele Fehler enthält. Er hofft aber, man werde diese Fehler übersehen, um hinter den Fehlern das sehen zu können, was in diesem Schreiben und in dieser Affäre von zentraler Bedeutung ist.

München, den 31. August 2001

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrte Freunde,

die Fortsetzung des Briefes von der letzten Woche:

Meine Bekannte Alexandra hielt einen Augenblick inne. „Warum nehmen die Medien eine Androhung wie die von Biedenkopf so ernst? Und nach all den jüngsten Skandalen und bizarren Ergebnissen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaften überall in Deutschland, warum wird es nicht seitens der Medien und der Öffentlichkeit an den Ergebnissen in diesem Fall gezweifelt? Ein Grund dafür ist, dass die freie Presse in Deutschland weitaus weniger frei ist als die in den Vereinigten Staaten. Aber warum lassen sich die Deutschen dermaßen einschüchtern, dass sie nicht reagieren, wie Menschen in den angelsächsischen Ländern es tun würden? Manch einer würde sagen, es hat mit diesem in der deutschen Psyche tief eingewurzelten Obrigkeitsdenken zu tun.“

Alexandras Lächeln war etwas traurig. „Die Deutschen, obwohl sie viele gewinnende Eigenschaften haben“, sagte sie, „sind immer noch ein Volk, das man sogar fünfundsechzig Jahre nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches sehr leicht einschücherten kann. Und das ist besonders wahr, wenn man mit einem Einzelnen zu hat, mit einem, der abgeschnitten von irgendeiner Gruppe ist. Der normale Deutsche hat immer noch einen beständigen Respekt und Angst vor der Autorität, trotz der Ergebnisse, zu denen ein gedankenloser Gehorsam gegenüber der Autorität zweimal im letzten Jahrhundert geführt hat. Es handelt sich hier um einen Respekt und eine Angst, die vielleicht nicht nachvollziehbar sind, wenn man nicht das alltägliche Leben in Deutschland wirklich erfahren hat. Die Deutschen leben in einer Gesellschaft, die auf strenge aber subtile Weise so hierarchisch ist, dass der durchschnittliche Amerikaner, getrennt von jeder amerikanischen Institution, das Leben in Deutschland unerträglich finden könnte. In Deutschland wird man von denjenigen, die da droben stehen, befohlen und dann befielt man denjenigen, die einem untergeordnet sind“.

Sie wirkte einen Augenblick nachdenklich. „Natürlich ist Deutschland eine Demokratie, sagt fast jeder hier. Man sagt aber auch, dass es eine Demokratie ist, wo es schließlich dem Durchschnittsbürger schwerfällt, die Regierung und die Politik zu verstehen und deshalb befasst er sich nicht mit ihnen. ‚All das ist so sehr kompliziert. Vielleicht spät in den Sechzigerjahren gab es Menschen, deren Einstellung anders war, aber damals waren diese Menschen einfach zu radikal. Es ist besser, all diese Angelegenheiten, die mit Herrschaft und Politik zu tun haben, denjenigen zu überlassen, die uns überlegen sind und die diese Dinge viel besser verstehen, als wir es tun können’“.

„Ja“, dem kann ich nur zustimmen, „sagte eine andere Bekannte, die bis jetzt nicht gesprochen hatte. „Und all dies ist nur zu wahr, wo es um die neuen Bundsländer geht, wo die Familie Kantelberg-Abdulla wohnte. Die Deutschen in der ehemaligen DDR haben nur während einer sehr kurzen Periode die Demokratie erfahren, im frühen zwangzigsten Jahrhundert. Davor gab es das Deutsche Reich mit dem Kaiser und danach zwei aufeinander folgende Diktaturen. Nur vor kurzem wurde die DDR zu einem Teil der Bundesrepublik. Meiner Meinung nach, reagieren unterwürfig viele Deutsche, insbesondere diejenigen, die im Ostteil dieses Landes wohnen, auf das kleinste Anzeichen davon, was die Behörden und andere Obrigkeiten wollen. Ich würde sogar sagen, dass die Deutschen in den neuen Bundesländern scheinen auf dieselbe Art und Weise auf die Polizei und die Beamten zu reagieren, die man in DDR erwartet hätte“.

„Deshalb ist es ganz nachvollziehbar“, sagte Alexandra, „dass alle versuchen würden, sich nach Biedenkopfs Wünschen zu richten, „aber warum hat die sächsische Regierung so handelt, wie sie es getan hat, im Fall der Familie Kantelberg-Abdulla? Es könnte viele Gründe geben, unter ihnen die Tatsache, dass die upsprungliche Ermittlung gegen den Tod des Kindes oberflächlich und voller Fehler war, aber kein Bürokrat oder Beamter in Deutschland wird jemals zugeben, dass er sich geirrt or einen Fehler gemacht habe, es sei denn, er muss es unbedingt tun. Wenn man zugeben würde, einen Fehler gemacht zu haben, das würde seine Autorität untergraben. Deshalb muss man zeigen können, dass die ursprunglich Ermittlung korrekt sei, und sogar wenn Kurt Biedenkopf keinen Ehrgeiz hat, der nächste Bundespräsident zu werden, kein Ministerpräsident in diesem Land leicht eingestehen kann, dass es in Gebieten unter seiner Kontrolle zahlreiche Neonazis gibt. Außerdem, wenn man zugeben würde, dass solche Menschen existieren und bis zum Äußersten gehen und ein Kind ermorden würden, ist das eine zu große Niederlage für jeden Ministerpräsident. Deshalb kam Biedenkopf zu dem Schluss, dass der Mord einfach nicht geschehen ist. Und da in Deutschland das wahr ist, was die Obrigkeit für wahr erklärt, ob es der Realität entspricht oder nicht, fügten sich alle der Sache. Staatsanwälte, Gerichtsmediziner, Journalisten, einfach alle“.

Natürlich, da ich ein einfacher Mann bin, sind solche Meinungen und Ideen ein schwerer Schock für mich. Ich könnte sie nie befürworten oder versuchen, sie zu stützen. Sie können nicht war sein, glaube ich.

Die Fortsetzung dieses Briefes folgt nächste Woche.

Mit freundlichen Grüßen

Robert John Bennett

Mauerkircherstrasse 68

81925 Germany

Telephone: +49.89.981.0208

E-Mail: rjbennett@post.harvard.edu

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